
Unser Geld – Banknote oder ein Algorithmus in der Cyberwelt?
Führt die Corona-Krise zu einem Relevanzverlust für unser Bargeld? Oder gewinnt es an Bedeutung? Zu Beginn der Pandemie erhöhten die Kreditkarten-Herausgeberinnen den Maximalbetrag für kontaktloses Bezahlenper Funktechnologie und die Detailhändler forderten uns auf, dieses Angebot zu nutzen – Banknoten, welche den Virus übertragen könnten, also im Portemonnaie zu belassen.
Der Wechsel weg von Münzen und Noten, hin zu Algorithmen in der Cyberwelt – gegen den stemmt sich eine Gruppe von Corona-Impfgegnern unter dem Dach der «Freiheitlichen Bewegung Schweiz» (FBS). Die stellt morgen Dienstag ihre Volksinitiative «Ja zu einer unabhängigen, freien Schweizer Währung mit Münzen oder Banknoten» vor. «Bargeld ist typisch schweizerisch – es steht für Freiheit, Unabhängigkeit, Sicherheit & Kultur», so die FBS.
FBS? Diese Bewegung ist vor einigen Wochen mit der Forderung «Stopp Impfpflicht» an die Öffentlichkeit getreten. Dumm nur, dass es in der Schweiz keine Impfpflicht gibt – das Volk hat bereits 1882 ein Epidemiengesetz abgelehnt, welches eine solche vorsah.Ein anderes Thema der FBSist die 5G-Mobilfunktechnologie, welche verboten gehöre.
Und nun die Kreditkarte? Der, respektive einer Geldschöpfung, welche nicht durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) erfolgt, hatte bereits 2018 eine sogenannte «Vollgeld»-Initiative den Kampf angesagt. Ein prominenter Verfechter des Volksbegehrens war Ivo Muri, «Zeitforscher» und Unternehmer aus Sursee. Um was es in der Praxis beim Vollgeld (die Initiative wurde wuchtig abgelehnt) und bei «Bargeld ist Freiheit» geht, ist komplex und die Auswirkungen eines Ja auf unser Finanzsystem nur schwer vorstellbar.
Werfen wir einen Blick in die Praxis des Alltags. Sehen Sie und ich unsere Löhne je in physischen Franken und Rappen? Unser Gehalt schlägt sich in Form einer Gutschrift auf dem Bank- oder Postkonto nieder. Miete, Krankenkasse, Steuer- und Telefonrechnungen begleichen wir per Zahlungsanweisung. Bezahlen wir zusätzlich im Ladengeschäft und im Restaurant per Kreditkarte, wird Geld tatsächlich zu etwas Virtuellem. Was ist daran schlecht?
Im Gegensatz zu einem Handwechsel von Bargeld hinterlassen elektronische Transaktionen auswertbare Spuren. Solche möchten Geldwäscher, Steuerhinterzieher und der Drogenhandel nicht hinterlassen – während der Rechtsstaat aus diesem Grund einen gläsernen Zahlungsverkehr anstrebt. In Italien als Beispiel sind Barzahlungen nur bis zu einem Betrag von 1000 Euro erlaubt.
Ein anderer Aspekt ist das Thema des virtuellen Geldes. Neues Geld zu schaffen, ist Monopolaufgabe der Nationalbank. Was nun, wenn aus unserem Lohn nie SNB-Geld wird, sondern dieses als Gutschrift bei der Hausbank verbucht und anschliessend elektronisch weiterwandert? Da entsteht sogenanntes Buchgeld – ein Vorgang, der tatsächlich wie Geld aus dem Nichts schöpfen anmutet. Nur: Bereichern können sich die Geschäftsbanken damit nicht. Vergeben sie einen Kredit, müssen sie den Betrag gleichzeitig auf der Aktiv- und der Passivseite verbuchen. Guthaben und Verbindlichkeiten steigen im Gleichschritt.