Vier Nervensägen auf einen Streich

Hin und wieder tut es gut, eine Auszeit zu nehmen. Abzuschalten. Dem Trubel des Alltags zu entfliehen und Geist sowie Körper eine Verschnaufpause zu verschaffen. Das dachten auch meine Partnerin und ich. Weil wir als Eltern von zwei kleinen, quicklebendigen Mädchen – die anscheinend mit weniger Schlaf zurechtkommen als Mama und Papa – zuletzt leicht am Anschlag liefen, gönnten wir uns im Schwarzwald ein kinderfreies Wochenende.

Zwei Tage wollten wir die Seele baumeln lassen. Die Infrastruktur des Hotels liess nichts zu wünschen übrig: Von der Sauna über das Solebad bis hin zum Schwimmbecken war alles vorhanden, was das WellnessHerz begehrt. Zudem liessen wir unsere verspannten Rückenmuskeln so richtig durchkneten – herrlich. Der Dämpfer folgte beim Nachtessen. Wir erhielten vom sympathischen Kellner Bogdan einen Tisch zugewiesen, neben dem bereits zwei Schweizer Paare Platz genommen hatten. Doch nicht die Landsleute an sich waren das Problem, sondern ihr Gesprächsthema: Der Wein. Genauer gesagt: Ungeniessbarer Wein.

Mit dem Öffnen der ersten Flasche entbrannte eine nicht enden wollende Diskussion – gefärbt mit blumigen Umschreibungen – darüber, ob der Wein «Zapfen» hat oder nicht. Nach langem Hin und Her entschlossen sich beide Paare, eine zweite Flasche derselben Marke zu bestellen. Dummerweise roch der «neue» Traubensaft genau gleich. «Hey, so ein Pech. Das habe ich noch nie erlebt», sagte der Mann lachend. Zu allem Übel präsentierte der «Möchtegern-Experte» danach auf seinem Natel in aller Lautstärke einen Film, bei welchem er einem Baum mit einer Kettensäge zu Leibe rückte. «Echt lustig», dachte ich und spürte, wie meine am Nachmittag gewonnene innere Ruhe bereits wieder dem Ärger des Alltags wich.

Vielleicht sollte ich mir Bogdans Gelassenheit zu Herzen nehmen. Nachdem er auch von der zweiten Weinflasche gekostet hatte, meinte er bloss: «Die Flaschen sind kaputt.»

✒ Bsetzistei ist die wöchentliche Kolumne der Redaktorinnen und Redaktoren des Zofinger Tagblatts und der Luzerner Nachrichten.