Vom Heiraten und Kinderhaben

Ich sitze im fast leeren Zug nach Zofingen – habe sogar ein begehrtes Viererabteil für mich alleine ergattern können. Meine volle Aufmerksamkeit gilt der Stimme des legendären Freddie Mercury. Doch plötzliche schweifen meine Gedanken ab. Aus dem benachbarten Abteil höre ich wie aus dem Nichts eine mir nicht bekannte Stimme, die in ein Telefongespräch verwickelt ist. Die Stimme wahrgenommen, merke ich, wie mein Finger von selbst an den Lautstärkeregler meines iPhones geht, die Musik plötzlich leiser wird und sich meine Aufmerksamkeit immer mehr in Richtung der nicht vertrauten Stimme verschiebt – von Mercurys «You’re My Best Friend» zu «Ich bin in einer Phase, in der ich nicht einfach eine Beziehung will. Ich will eine Frau fürs Leben: Heiraten und Kinder haben.»

Die thematische Parallelität besteht durchaus. Doch frage ich mich ernsthaft, weshalb meine Aufmerksamkeit in Richtung der fremden Stimme ging und ich nun so gespannt dem intimen Gespräch lausche, das mich eigentlich gar nichts angeht – Freddies Stimme ist jetzt sogar komplett verschwunden.

Dies fragend, gehen meine Gedanken weiter: Weshalb spricht man am Telefon über solch tiefgründige Themen? Und weshalb gerade im öffentlichen Raum, in einem Zug?!

Zeitgleich zu diesen Fragen fährt der Zug in Zofingen ein. Das Gespräch findet – zumindest für mich – ein Ende. Die Frage nach dem «Weshalb-im-ZugTelefonieren» verfolgt mich aber weiterhin. Weshalb gibt man unbekannten Menschen unausweichlich persönliche Informationen preis?

Trotz höchster Anstrengung finde ich keine Antwort. Lediglich die Bestätigung, dass ich das Telefonieren im Zug auch in Zukunft sein lassen werde.