
Von neuen Gewohnheiten
Im Volksmund heisst es, es dauere ungefähr 30 Tage, um eine neue Gewohnheit zu formen. Seit Mitte März habe ich nun schon keinen Fuss mehr in die Universitätsgebäude in Zürich gesetzt, habe kein Dojo und kein Probelokal mehr von innen gesehen und die Pfadikrawatte hängt unangetastet in meinem Kleiderschrank. Klar, mittlerweile stehe ich nicht mehr mit gepacktem Rucksack vor der Haustüre, bis ich merke, dass ich nirgendwo hin muss, aber an die neue Situation habe ich mich dennoch noch nicht gewöhnt. Noch immer ertappe ich mich dabei, wie ich auswendig gelernte Sätze in meinem Kopf wiederhole für ein Theaterstück, das in absehbarer Zeit nicht stattfinden wird, oder wie ich Pfadinachmittage plane, obwohl ich «meine Wölfli» bis im Juni nicht wiedersehen werde.
Und auch neue Gewohnheiten wollen sich nur schwer einstellen. Meinen ambitionierten Sportplan habe ich schon an die zehn Mal wieder über Bord geworfen und meine To-do-Liste wird immer länger. Dafür brilliere ich im regelmässigen Vertilgen von Snacks, auch wenn ich gar keinen Hunger habe. Die Selbstdisziplin wackelt, was ich dann damit entschuldige, dass man sich schliesslich auch mal was gönnen muss. So lande ich zum x-ten Mal mit einem ungesunden Snack vor dem Fernseher und erdulde die vorwurfsvollen Blicke der Sportmatte.