Vor der EM-Premiere heisst es bei Nicole Häusler: Durchatmen und Finale nutzen

Die Packliste steht, das Wettkampfprogramm ist studiert und das Ziel gefasst: Nicole Häusler ist bereit für die Europameisterschaft in Belgrad. Es ist für die Pfaffnauerin die zweite Premiere im Jahr 2018. Im Mai bestritt sie ihre erste Weltmeisterschaft, nun geht es erstmals an europäische Titelkämpfe. An der WM in Südkorea überzeugte die 39-Jährige und schoss einen Quotenplatz für die Paralympics 2020 heraus, war fünftbeste Europäerin. Mit diesem Ergebnis im Hinterkopf wird die Erwartungshaltung für ein positives EM-Resultat nicht kleiner. «Der Druck ist relativ gross», sagt Nicole Häusler, «aber ich werde mein Bestes geben und schauen, was dabei herauskommt.»

Um in Belgrad mit Ruhe und Gelassenheit gegen die Konkurrenz antreten zu können, sprach sie letzte Woche mit ihrer Mentaltrainerin. «Immer schön tief durchatmen», riet ihr diese unter anderem, erzählt die mehrfache Schweizer Meisterin, «aber das sagt sich so leicht.»

Wenn alles nach Plan läuft …
Von Seiten des Verbandes Swiss Paralympics wird Nicole Häusler als WM-Medaillenanwärterin gehandelt. Dem kann sie auch Positives abgewinnen: «Es freut mich, dass man mir viel zutraut.» Als Ziel hat sich die Rollstuhlschützin mit dem Luftgewehr über 10 Meter sowohl im Liegend-, als auch im Stehendwettbewerb die Finalteilnahme der Besten 8 als Ziel gesetzt. «Erreiche ich jene Endausmarchung, ist alles möglich, sofern ich einen guten Tag habe, die Gegner vielleicht weniger im Flow sind und alles nach Plan läuft.»

Nach Plan heisst auch, dass ihr die Multiple Sklerose keinen Strich durch die Rechnung macht, die Augen nicht an Sehschärfe einbüssen und sie ihr Luftgewehr gut stabilisieren kann. Derzeit fühlt sich die in einem 50-Prozent-Pensum als Radiologiefachfrau tätige Sportlerin fit. Nach Belgrad begleitet wird Nicole Häusler von ihrem Coach Walter Berger, der mittlerweile zum Nationaltrainer befördert wurde. Er hat nun auch andere Sportler unter seinen Fittichen und coacht diese bei Zusammenzügen.

Wann immer möglich unterstützt er Nicole Häusler in individuellen Schiesstrainings in Luzern, Lotzwil, Thun oder Kölliken. Letzten Samstag drückte er ihr zudem Analysen in die Finger, die die Luzernerin in den nächsten Monaten weiterbringen sollen. «Die zeigen, dass ich beim Zielen die grösste Fehlerquote habe», so Nicole Häusler. Auf internationalem Niveau würden diesbezüglich aber sehr feine Nuancen den Unterschied machen. «Aber ich versuche sicher, daran zu arbeiten.»

Gute Standortbestimmung
Um eine Art Wettkampfpraxis zu sammeln im Vergleich mit Schützen aus Österreich und Deutschland beteiligt sich Nicole Häusler seit diesem Monat am «Home-Race-Cup». Dabei kann sie sich auf einer Plattform einloggen und eine Stunde nach dem Login in ihrem «Heimschiessstand» ein Programm absolvieren, bis im Februar viermal liegend, viermal stehend. Dann folgt eine Rangliste. «Das ist eine gute Standortbestimmung», so Nicole Häusler.

Die EM ist der letzte grosse Wettkampf, den die Pfaffnauerin heuer bestreitet. 2018 fügte sie ihrem Palmares nebst der WM- und EM-Teilnahme und dem Paralympics-Quotenplatz zwei weitere Schweizer-Meister-Titel hinzu. 2019 kann sie wohl an ihrer Ausrüstung die gewünschten Optimierungen vornehmen. Ihr Schiesstisch soll mithilfe von Konstrukteuren des Paraplegikerzentrums Nottwil weiterentwickelt und die Schiessjacke von einer Spezialistin neu geschneidert werden. «Vielleicht steigert dies meine Präzision noch», schaut Nicole Häusler bereits viel weiter als bis zur EM.