
Wann endet 2020?
Das «Worst Year Ever» (Time Magazin) begann für mich so richtig am 16. März, dem ersten Tag im Lockdown. Wir stehen an der 9-Uhr-Konferenz weit auseinander. Eine Kollegin hustet. «Zu viel geraucht am Wochenende», scherzt sie. Ein paar Stunden erhält sie einen Anruf. Im Umfeld sind mehrere Leute positiv auf Covid-19 getestet. Sofort zügeln alle ins Homeoffice. Der Kollegin geht es ein paar Wochen lang, man muss es so sagen, besch…
Gleichzeitig explodieren auf Facebook & Co. die Posts jener, die Covid als gewöhnliche Grippe verharmlosen. Später werfen sich die gleichen Leute in Robin-Hood-Pose und machen aus Masken Gesslerhüte. Auch, als die Menschen im Spital Zofingen zu sterben beginnen, hört der Schwachsinn nicht auf.
Ab Oktober wird offenbar, wie untauglich das föderalistische Jekami angesichts einer Pandemie ist. Der Bundesrat agiert zögerlich, handelt erst, als die Infektionszahlen längst wieder explodiert sind. Dann das Vorpreschen der Aargauer Regierung am letzten Freitag: Er geht weiter als der Bundesrat und macht Läden dicht, die nicht Artikel für den täglichen Bedarf verkaufen. Die Gwerbler sind wütend, der Regierungsrat sagt, er müsse «alles Notwendige tun, um einen gefährlichen Kollaps des Aargauer Gesundheitssystems zu vermeiden». Natürlich. Aber war das nicht schon vor Wochen klar?
Heraufbeschworen wurde und wird der Gegensatz zwischen dem Schutz der Wirtschaft und dem Schutz der Bevölkerung. Ein Irrglaube, wie namhafte Ökonomen inzwischen gezeigt haben: Wenn man die Wirtschaft schützen will, muss man die Bevölkerung rigoros schützen – das wird am Ende erst noch billiger.
Wird sich diese Einsicht durchsetzen? Ich befürchte eher nicht. Irgendwann endet das «Worst Year Ever» – aber leider nicht am 31. Dezember 2020.