
WC-Papier und die Frage, wie man kocht
Was treibt die Menschen dazu, in der Corona-Krise Toilettenpapier zu hamstern? Unsere Grossverteiler erforschen unser Konsumverhalten akribisch – via Bonusprogramm und mutmasslich auch mit der Auswertung von Handy-Daten. Welche Erkenntnisse da gewonnen werden? Man gibt sich bedeckt. Eine der Firmen gab in der Causa Toilettenpapier dennoch ihre Einschätzung ab .
Normalerweise ist die Nachfrage nach Produkten wie Milch, Eier, Gemüse und Frischfleisch hoch und die Lieferkette auf diese ausgerichtet. Toilettenpapier steht eher am Ende der Kette – der Nachschub kann deshalb bei grosser Nachfrage wegbrechen. Wenn Teigwaren und Reis Mangelware sind, lichtet sich auch der Vorrat an WC-Papier.
Da tritt der Höhlenmensch in uns ans Tageslicht: An was es mangelt, muss gehortet werden. Das gilt auch für Leute, die sich bisher im Restaurant oder mit Mamas Best und Betty Bossi ernährt haben. So hat am Samstag die Tochter eines befreundeten Paars – eine Psychologie-Studentin – angerufen und «Basics» zum Thema Kochen nachgefragt. So was Banales ihre Mutter zu fragen, getraute sie sich nicht. Dies zieht die Frage nach sich, was die einen oder anderen nach Corona mit ihren Notvorräten machen. Toilettenpapier ist da das idealere Produkt zum Hamstern. Es ist billig und hält unendlich lang. In Zeiten, in welchen man Rezession und Inflation fürchtet, eine ideale Geldanlage.
Spass beiseite: Wie erklärt sich eine angehende Psychologin das Phänomen? Dinge, gegen die wir Abneigung verspüren, die uns ekeln, könnten eine entscheidende Rolle spielen. «Ich glaube, WC-Papier hat etwas mit Ekel zu tun», sagt sie. Vor Ekel und speziell vor Corona wolle man seine Familie schützen. Deshalb könnte die Toilettenpapier-Beschaffung bei der Käuferin oder beim Käufer das Gefühl auslösen, etwas zu tun, um sich und die Familie zu schützen.» Eine interessante Theorie.
Auch Paul Sutter, ehemaliger Aarburger Gemeindeammann, hat sich kürzlich – noch ohne Corona im Nacken – mit dem Thema WC-Papier befasst; respektive generell mit Hygieneartikeln. Die werden mit einem Mehrwertsteuersatz von 7,7 Prozent belastet. Sie seien keine Artikel des täglichen Bedarfs, wie die zuständige Bundesstelle Sutter geantwortet hat. Wären sie das, würde ein Satz von 2,5 Prozent gelten. Was täglicher Bedarf ist, regle das Gesetz abschliessend, heisst es beim Bund. Zum täglichen Bedarf zählen Esswaren, Medikamente, Futtermittel, Dünger und Zeitungen.
Bei Letzteren schliesst sich aus historischer Sicht der Kreis. Ich vermag mich noch gut daran erinnern, dass zu meiner Kinderzeit im bäuerlichen Zweig meines Stammbaums Zeitungen als Abtrittpapier genutzt wurden. Der Abtritt war kein Wasserklosett, sondern ein Häuschen über dem Bschüttiloch.