
Wegen Morddrohung: Initiantin der Trinkwasser-Initiative sagt öffentlichen Auftritt ab
Sie sei kein ängstlicher Mensch, sagt Franziska Herren. Sonst hätte sie nie die Trinkwasser-Initiative lancieren dürfen. Doch was am Samstag in ihrem Briefkasten lag, hat das Mass der bisherigen Anfeindungen deutlich überschritten. In einem anonymen Brief droht jemand damit, ihre Familie auszulöschen. Das Schreiben sei so formuliert, dass sie den Eindruck habe, der Verfasser kenne ihre Lebensumstände: «Das beunruhigt mich.» Sie habe sich bei der Polizei informiert, weil sie sich nicht mehr sicher fühle. Nun werde sie Strafanzeige gegen Unbekannt einreichen.
Sie kommt nur via Zoom nach Frauenfeld
Physisch will Franziska Herren vorerst nicht mehr an Veranstaltungen teilnehmen. Konkret betrifft dies das «Tagblatt»-Podium zur Trinkwasser-Initative am 27. Mai in Frauenfeld. In der Kantonsschule sollen prominente Befürworter und Gegner der Vorlage miteinander diskutieren. Im Saal sind 50 Personen als Zuhörer zugelassen, die Veranstaltung wird ausserdem online übertragen. Es gebe zwar keine Hinweise, dass die Morddrohung aus dem Thurgau kam, doch nach Frauenfeld fahren möchte Herren trotzdem nicht.
«Ich will kein weiteres Risiko eingehen.»
Falls gewünscht, könne sie aber per Zoom zur Veranstaltung zugeschaltet werden.
Er verurteile ganz klar solche Drohungen, betont SVP-Nationalrat Manuel Strupler, der ebenfalls am Podium vertreten ist. Strupler bedauert, dass Franziska Herren abgesagt hat, glaubt aber nicht, dass der Urheber der Drohung im Thurgau sitzt. Er sei nah am Puls der Bauern:

Nationalrat Manuel Strupler.
«Ich spüre einen gewissen Frust, aber keine Gehässigkeit.»
Es seien zwar wiederholt Plakate und Sujets zerstört worden. «Das kommt leider von beiden Seiten, passt aber nicht zu unserer politischen Kultur.»
Franziska Herren stellt fest: «Wir haben viele Anrufe aus dem Thurgau von Befürwortern, die beklagen, dass ihre Plakate weggerissen werden. Auch auf Privatgrund.» Sie schränkt aber ein, dass auch in anderen Regionen die Nerven blank liegen. Der Grüne Nationalrat Kurt Egger leitet das Thurgauer Pro-Komitee zur Abstimmung, auch er wird am Podium vertreten sein. «Die Stimmung ist sehr aggressiv, das habe ich bisher noch nie so erlebt.» Drohungen habe er zwar keine erhalten, doch die Zerstörung der Plakate sei eklatant. Das betreffe den ganzen Kanton: «Ich kann nicht sagen, ob das Zufall ist oder organisiert.»

Nationalrat Kurt Egger.
Viele Bauern würden um ihre Existenz fürchten, sollte die Trinkwasser-Initative angenommen werden. Für Bauernpräsident Markus Ritter heisst das aber nicht, dass die Morddrohung deshalb aus dem Umfeld der Landwirtschaft stammen.

Nationalrat Markus Ritter.
«Zu spekulieren, aus welchen Kreisen das kommt, wäre nicht seriös.»
Die Bauern seien auch Pragmatiker. Ausserdem würde die Initiative auch andere Gruppen wie die Lebensmittelverarbeiter oder die Konsumenten stark betreffen.
Die Drohungen gegen Franziska Herren sind für Ritter «absolut nicht akzeptabel». Der Bauernverband habe seine Mitglieder wiederholt dazu aufgerufen, die demokratischen Spielregeln jederzeit einzuhalten. «Wir informieren sachlich und wir haben gute Argumente.»
Ritter pilgert zu Bruder Klaus nach Flüeli Ranft
Allen Aufrufen zur Mässigung zum Trotz werden die Wogen bis zur Abstimmung am 13. Juni wohl weiter hoch gehen. «Die nächsten drei Wochen sind die intensivsten», sagt Ritter. Wie immer vor wichtigen Abstimmungen wird er auch diesmal nach Flüeli-Ranft zu Bruder Klaus pilgern, einige Kerzen anzünden und beten. Dieses Mal werden seine Gebete wohl noch etwas inbrünstiger ausfallen.