
Wenn das Böse in uns erwacht
Was für ein Typ Autofahrer sind Sie? Ein Bleifuss, ein Sicherheitsfanatiker oder etwa ein Angsthase? Ich glaube, als Erwachsene mit Führerschein haben wir zwei Persönlichkeiten: Mensch und Autofahrer.
Der Mensch in uns ist geprägt von Toleranz. Er ist zuvorkommend und freundlich. Er hält dem Mitmenschen die Türe auf, und bleibt sogar geduldig, auch wenn der andere sein Schritttempo nicht erhöht, und er dann ewig da wartet, wie bestellt und nicht abgeholt, nur damit der andere die Türklinke nicht auch noch mal drücken muss. Der Mensch lässt der entgegenkommenden Person den Vortritt. Und lächelt den Mitmenschen an – etwas peinlich berührt, aber freundlich – wenn es zum Missverständnis kommt. Wenn beide nicht wissen, ob sie jetzt links oder rechts vorbeigehen sollen, und hin- und herschaukeln, bis endlich einer läuft.
Ganz anders verhält er sich im Auto. Wenn seine Aura umgeben ist von einer dicken Schicht aus Blech und Kunststoff, die ihn repräsentiert. Autos stehen ja irgendwie auch für den Charakter des Fahrers. Manche sind uns sympathisch, andere weniger. Oder wer denkt sich auf der Autobahn schon: Oh, ein Porsche überholt mich! Das gönn’ ich dem! Im geschlossenen Innenraum des Autos ist der Mensch anonym, weshalb wohl auch seine Hemmschwelle sinkt. Welcher Mensch hätte denn die Frechheit, so nah an meinen «Arsch» heranzulaufen, bis ich realisiere, dass ich ausweichen soll? Auch würde keiner wagen, mir nachzurufen, was für ein unfähiger Dummkopf ich sei, weil ich mich zu langsam fortbewege.
Ich selbst singe immer während dem Fahren. So bleibe ich locker und rege mich nicht so schnell auf. Wobei, singen ist untertrieben – ich imitiere Whitney Houston. Wenn ich hinter einem Auto zu stehen komme, höre ich aber damit auf. Nicht dass der Fahrer noch denkt, ich schreie ihm «Idiot!» zu. So etwas mache ich nämlich nicht. Ausser …