Wenn Niederlagen plötzlich einen anderen Stellenwert kriegen

Ein Auto fährt von einer Tiefgarage hoch auf eine Quartierstrasse – der Inhalt des wenige Sekunden langen Videos von EHC-Olten-Trainer Fredrik Söderström ist beschränkt, die Botschaft dieser alltäglichen Szene dafür umso grösser: «Der erste Tag in Freiheit nach der Quarantäne. Es fühlt sich an wie neu geboren», schreibt er dazu.

Zehn Tage lang sassen er und sein Team in Quarantäne, ehe der EHC Olten das Training wieder aufnehmen konnte. Zumindest mit jenem Teil des Spielerkaders, der negativ getestet wurde und zuletzt keine Symptome zeigte. Neun Feldspieler und ein Torhüter nahmen vom Stammkader an der ersten Trainingseinheit teil. «Es fühlte sich an, als hätten wir uns zwei Monate lang nicht gesehen. Viele machten einen müden Eindruck, waren aber gleichzeitig glücklich, wieder das tun zu dürfen, was wir am liebsten tun», bilanzierte Söderström.

Söderström, der negativ getestet wurde, aber dennoch in den ersten Tagen ein Unwohlsein behagte, schloss seine zweite zehntägige Quarantänezeit erleichtert ab. Eingeschlossen in der eigenen Wohnung zu sein, stelle immer etwas mit der Psyche eines Menschen an, hält er fest. «Werden einem seine Rechte entzogen, fühlt sich das sehr schnell unfair an. Aber ich will es positiv sehen. Ich las und telefonierte viel», sagte der 

EHCO-Headcoach, ehe er nachdenklich hinzufügte: «Aber die meiste Zeit ist es tatsächlich einfach nur langweilig. Man beginnt sich zu hintersinnen, ob es richtig ist, während einer Pandemie weg zu sein von seiner Heimat, von seinen Liebsten. Man vermisst die Menschen und beginnt vom Balkon aus, Kindern beim Unihockeyspielen auf der Strasse zuzusehen und mit ihnen mitzufiebern.»

Immerhin: Eines Tages sei er in der tristen Quarantäne überrascht worden. Eine Schwedin aus seinem Heimatort Leksand, die vor 25 Jahren in die Schweiz ausgewandert sei und heute im Kantonsspital Olten arbeitet, meldete sich bei Söderström und ging für ihn einkaufen. «Ihre Hilfe hat in mir viel ausgelöst. Es hat mir aufgezeigt, dass die Welt doch besser ist, als wir denken.»

Beim EHCO scheint niemand schwer erkrankt zu sein

Ohnehin sei er erleichtert, dass, Stand heute, von den positiv Getesteten im Umfeld des EHC Olten niemand schwerwiegend erkrankt war und ins Spital musste. «Wir wussten ja nach den positiven Fällen in anderen Teams, dass es uns auch erwischen könnte. Wir waren nach dem Spiel in Langenthal enttäuscht über die Niederlage, zwei Tage später sitzen wir zu Hause in Quarantäne, viele mit dem Virus infiziert. Eine Niederlage in einem Meisterschaftsspiel bekommt plötzlich einen ganz anderen Stellenwert.»

Davon dürfte auch Marc Grieder ein Liedchen singen. Der Sportchef war einer der positiv getesteten Oltner: Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, Husten, Unwohlsein begleiteten ihn über mehr als fünf Tage, er sah sich, isoliert von seiner gesunden Familie, mit gesundheitlichen Rückschlägen konfrontiert. «Es bleibt einem nur das Hoffen auf bessere Zeiten», sagt Grieder. Als es wieder aufwärts ging, vertrieb er sich die Zeit beim Austausch mit Spielern und Staff.

Wie hätte man sich besser schützen können?

Grieder machte sich viele Gedanken, was der EHCO hätte besser machen können. «Wir haben die professionellsten Schutzkonzepte stets eingehalten und waren im Alltag sehr pflichtbewusst und diszipliniert. Die Spieler wussten auch, wie sie sich im Privaten zu verhalten haben und haben die Kontakte stark eingeschränkt. Aber leider gibt es nirgendwo einen hundertprozentigen Schutz», sagt Grieder. So wird im Umfeld des EHC Olten vermutet, dass es in den Heimspielen gegen die Walliser Teams Sierre und Visp wohl zu Ansteckungen gekommen sein muss.

Marc Grieder möchte nach vorne blicken und hofft, dass gegen Ende Woche die Eistrainings ausgebaut werden können. Von Tag zu Tag stossen in diesen Tagen die positiv getesteten Spieler nach überstandener Krankheit zur Mannschaft hinzu. Es wird fraglich sein, inwiefern sie körperlich fit sein werden. Bloss eine Woche bleibt als Vorbereitung: Am Mittwoch gastiert Aufstiegsaspirant Kloten im Kleinholz, sofern kein Team (neue) Corona-Fälle verzeichnet. Am Dienstag verabschiedete sich La Chaux-de-Fonds mit 13 positiven Akteuren in Quarantäne und auch die EVZ Academy begab sich mit Spielern, die Symptome beklagten, vorsorglich in Isolation.

Die verlorene Substanz wieder wettmachen

Klar ist, dass der EHCO in Sachen Fitness einiges aufzuholen hat. «Es gilt, die verlorene Substanz wettzumachen. Das Ziel ist, dass wir möglichst schnell wieder in den Trainingsrhythmus gelangen und danach auch in den Spielrhythmus», hält Grieder fest. Immerhin sieht der Sportchef und Assistenztrainer in den zehn Tagen Pause etwas Gutes: «Wir haben zuletzt keine Glanzleistungen gezeigt. Ich hoffe, dass die Spieler den aufgestauten negativen Druck aus den ersten Spielen etwas abbauen konnten, und nun mit umso mehr Energie ans Werk gehen.»