
Wenn nur Nuancen über Sein oder Nichtsein entscheiden
Wer den Schiesssport verfolgt, weiss: Hier entscheiden Nuancen über Sein oder Nichtsein, über Sieg oder Niederlage. Bei den Schweizerischen Finalwettkämpfen Gewehr 10 Meter am vergangenen Wochenende in Reiden wurde auch für Laien deutlich, in welchen Dimensionen diese Nuancen liegen. Nicht Abweichungen im Milimeterbereich sorgen für die Entscheidung, sondern solche im Zehntelsmillimeterbereich.
Besonders eindrücklich zeigte sich dies beim Final um den Schweizer Mannschafts-Meister-Titel. Im Duell zwischen den je acht Teammitgliedern der Sportschützen Gossau und den Sportschützen Tafers entschieden nach je zehn Schüssen pro Athlet letztlich 0,9 Punkte zugunsten der St. Galler. Der Durchmesser des Trefferfelds für die Höchstpunktzahl 10 – zusätzlich unterteilt in die Zehntelswertung von 10,0 bis 10,9 – beträgt 0,5 Millimeter. Somit musste sich Rekordmeister und Titelverteidiger Tafers sprichwörtlich nur um Haaresbreite geschlagen geben.
Olten und Nidwalden früh out
Nichts mit der Medaillenentscheidung zu tun hatten die Luftgewehrschützen Olten. Das Team mit der Pfaffnauerin Janine Frei verlor beide Gruppenbegegnungen gegen Thörishaus und Gossau und verpasste den Einzug in die Halbfinals. Im ersten Moment sei die Enttäuschung gross gewesen, sagte Janine Frei. Aber die Leistung der einzelnen Teammitglieder habe in etwa den Erwartungen entsprochen. «Die für die Halbfinalqualifikation nötigen Exploits sind uns nicht gelungen.» Das gilt auch für sie selbst: Mit 201,7 und 201,4 Punkten schoss Frei konstant und auf ansprechendem Niveau, aber mehr nicht. «Es waren zwei solide Auftritte. Aber auch ich habe nicht mein allerbestes Niveau erreicht», meinte die 20-Jährige.
Neben Olten überraschend ebenfalls bereits nach der Gruppenphase die Koffer packen mussten die Luftgewehrschützen Nidwalden. Trotz einer überragenden Nina Christen – die Olympiateilnehmerin von 2016 erzielte zweimal das Tageshöchstresultat von 210,1 Punkten – und der ebenfalls international erprobten Petra Lustenberger (207,2 und 208,4) unterlagen die Nidwaldner in der Vorrunde sowohl Thunersee als auch Tafers und schieden aus.
Tafers und Gossau souverän
So trafen im Kampf um den Finaleinzug die Gruppensieger Gossau und Tafers auf die Zweitplatzierten Thunersee und Thörishaus. Die favorisierten Teams wurden ihrer Rolle gerecht und qualifizierten sich souverän für den Final. Gossau bezwang Thunersee mit 1640,4:1615,5 Punkten und Tafers eliminierte Thörishaus mit 1635,0:1624,4 Punkten.
Hatten in Vorrundenduellen sowie in den Halbfinal alle Schützinnen und Schützen je 20 Schüsse zu absolvieren, standen im kleinen Final um Rang 3 und im Final um den Meistertitel nur noch je zehn kommandierte Schüsse auf dem Programm. Im Kampf um die Bronzemedaille setzte sich zunächst Thunersee gegen Thörishaus durch (801,3:799,6). Anschliessend behielt Gossau gegen Tafers hauchdünn mit 807,5:806,6 die Oberhand und gewann den ersten Mannschafts-Meister-Titel überhaupt.
Ein rundum gelungener Anlass
OK-Präsidentin Helen Schurtenberger zog ein positives Fazit. «Nach der gelungenen Premiere im Vorjahr konnten wir heuer in allen Bereichen von wertvollen Erfahrungen profitieren. Dies trug wesentlich dazu bei, dass auch die zweite Auflage der Schweizerischen Finalwettkämpfe Gewehr 10 Meter in Reiden zu einem vollen Erfolg wurde», sagte sie.
Über die hochspannenden Wettkämpfe, die zahlreich erschienenen Zuschauer und den reibungslosen Ablauf freute sich auch Max Müller. Der Abteilungsleiter Gewehr 10/50 Meter ad interim beim Schweizerischen Schiesssportverband amtete in Reiden als Wettkampfchef sprach den Organisatoren und Helfern des Wehrvereins Pfaffnau und des Pistolenschützenbunds Reiden ein grosses Kompliment aus: «Sie haben mit ihrem grossen Einsatz vor und während des Anlasses für einen reibungslosen Ablauf und ein tolles Wochenende ganz im Zeichen des Schiesssports gesorgt.»
Janine Frei kniend ohne Exploit
Ebenfalls in Reiden ausgetragen wurden die Wettkämpfe der Dezentralisierten Kniendmeisterschaft Gewehr 10 Meter und der Junioren-Wintermeisterschaft. Bei der Kniendmeisterschaft sicherten sich Samuel Christen (Wolfenschiessen, 415,5 Punkte) in der Kategorie Elite und Renato Schulthess (Burgdorf, 410,3 Punkte) bei den Veteranen die Goldmedaillen. In der Elitekategorie der Frauen hatte sich die Pfaffnauerin Janine Frei knapp für die finale Ausmarchung der besten zehn Schützinnen in Reiden qualifiziert. Mit 405,2 Punkten klassierte sich die Lokalmatadorin, die im Vorjahr bei den Juniorinnen siegte, auf dem 8. Rang. «Ich habe das Kniend-Training in dieser Saison überhaupt nicht forciert und bin komplett ohne Erwartungen in den Wettkampf gestiegen. Unter diesen Voraussetzungen bin ich mit meinem Abschneiden zufrieden», sagte Frei. Als Siegerin ging Silvia Guignard (Zürich) mit starken 417,9 Punkten hervor. Bei den Juniorinnen/Junioren ging der Sieg ebenfalls nach Zürich: Marta Szabo setzte sich mit 413,2 Punkten klar durch.
Kleiner Ärger über 0,4 Punkte
Am Sonntag standen in Reiden ausserdem die Wettkämpfe der Junioren-Wintermeisterschaft auf dem Programm. Nach den Vorprogrammen bestritten die jeweils acht besten Nachwuchsschützinnen und -schützen die Finals. Kommentiert und begleitet von lauter Musik und der Anfeuerung des Publikums galt es, das ohnehin angespannte Nervenkostüm in Zaum zu halten. In der Kategorie U13 bis U17 (Juniorinnen und Junioren gemischt) siegte Gina Gyger (Oensingen), Anina Huber aus Reiden zeigte einen sehr ansprechenden Wettkampf und klassierte sich mit 387,8 Punkten unter 64 Teilnehmern auf dem guten 24. Rang. Bei den Juniorinnen U19 bis U21 verpasste Catarina De Almeida aus Nebikon die Marke von 600 Punkten nur knapp. Mit ihrem Wettkampf und dem Resultat von 599,6 Punkten sei sie «glücklich und zufrieden», auch wenn sie zugab, «dass mich die fehlenden 0,4 Punkte ein bisschen ärgern.» Im 31-köpfigen Teilnehmerinnenfeld der Finalkämpfe klassierte sich De Almeida auf dem 21. Rang. «Es war schon speziell, diesen Wettkampf wie im Vorjahr quasi vor der Haustüre zu bestreiten. Die Nervosität war schon etwas grösser als üblich.» Der Sieg bei den Juniorinnen U19 bis U21 ging an Sarina Hitz (Mauren), die sich in einem hochstehenden Final vor Marion Obrist (Oberentfelden) durchsetzte. Bei den Junioren U19 bis U21 klassierte sich David Schmid (Nebikon) mit 575,6 Punkten auf dem 26. Platz unter 31 angetretenen Schützen. Hier ging der Sieg an den letztjährigen Zweiten Sven Bachofner (Theilingen).