Wenn sich bei 114 Stundenkilometer im Bob eine Schraube löst

Mit 114 Stundenkilometern rast Rico Peter mit dem Viererbob den Eiskanal von Altenberg hinunter. Kurve 11 ist geschafft. «Dann merkte ich plötzlich, dass etwas nicht stimmt», sagt der Kölliker, «die Lenkung funktionierte nicht mehr richtig.» Er habe auf der nachfolgenden Geraden versucht, nach links und rechts zu schwenken. «Aber da ging nichts mehr», so Peter. So blieb nur eine Hoffnung. «Manchmal kommt man auch heil herunter, ohne gross zu steuern», versuchte sich Rico Peter Mut zu machen, «aber diesmal ging das nicht auf.»

Der Schlitten mit Rico Peter, Alex Baumann, Simon Friedli und Thomas Amrhein kippte in Kurve 14. Am gröbsten erwischte es den hintersten Mann. «Amrhein kassierte einen heftigen Schlag, das Schlüsselbein war sofort entzwei», so Peter. Die anderen beiden Anschieber kamen mit Prellungen und einem Brummschädel davon. Rico Peter erlitt eine Schnittwunde am rechten Knie, die genäht werden musste, und verspürte Schmerzen in der rechten Hand. Gestern liess er sich, wie Amrhein und Friedli, in einer St. Galler Klinik untersuchen. «Meine Verletzung sollte nicht allzu schlimm sein, aber die Ärzte müssen halt aufschneiden und reinschauen, was es genau ist», erklärte er am Dienstagnachmittag das Procedere. Laut ersten Prognosen könnte Rico Peter ab Mittwoch wieder einsatzfähig sein. «Ich nehme es vorneweg. Was passiert ist, ist passiert, ich kann es nicht mehr ändern. Nun bleibt mir nichts, als abzuwarten.»

Bob ist bereits repariert

Bereits wiederherstellt ist der «Crash»-Schlitten. Peters Mechaniker fuhr mit dem Bob direkt nach Innsbruck, wo dieser unter Anleitung und Beratung von Nationaltrainer und Bobbauer Wolfgang Stampfer repariert wurde. Im Rennen hatte sich eine Schraube gelöst, weshalb das Lenken unmöglich wurde. Es war also kein Fahrfehler, der zum Sturz geführt hatte, sondern ein Materialdefekt. «Das war vor allem schade, weil ich mit der Bahn eigentlich gut zurecht kam. Auch in den schwierigen Passagen hat es gut gepasst – und dann so etwas», ärgert sich Peter über den 34. Sturz in seiner Karriere und den zweiten in einem Rennen nach jenem in Sotschi 2015. «Mit intakter Lenkung wären wir sicher heil runtergekommen», sagt Peter und fügt lachend an: «aber das kann ja jeder sagen.»

Das Lachen nicht verloren

Insgesamt versucht sein Team das Ganze mit Humor zu nehmen. Mental zu verarbeiten gebe es wenig, da ja eben nicht ein Fahrfehler, sondern ein Defekt «Schuld» war. So will sich Peter bald wieder in den Schlitten setzen. Mehrmals sahen er und seine Mitstreiter das Video der Fahrt an. «Vor allem Thomas Amrhein musste schmunzeln, als er sich selber sah, wie er aus dem Bob heraushängend die Bahn hinunter düste», erzählt Rico Peter. Verbrennungen zog er sich, auf dem Eis schleifend, nicht zu. «Und wenn er lacht, dürfen wir das auch, oder?», findet Rico Peter. Weder Amrheins Schlüsselbeinbruch, noch Peters Handicap an der Hand bedeuten das definitive Aus für weitere Rennen oder gar für die Olympischen Spiele im Februar in Südkorea, betont der Aargauer. Er übt sich in Zuversicht: «Die Ärzte sagen, dass heute vieles möglich sei.»

Ob Rico Peter am Wochenende beim Heim-Weltcup in St. Moritz bereits wieder an den Start geht, ist offen, aber durchaus denkbar. Schliesslich braucht der 34-Jährige noch eine Top-8-Klassierung im Vierer, um die Selektion für Olympia zu schaffen. «Klar hätten wir diesen Sturz einen Monat vor Pyeongchang nicht gebraucht», so Peter, «aber nun ist es halt passiert.»