Wermuths Rückzieher: cleverer Schachzug in eigener Sache

Cédric Wermuth konnte es rechnen, wie er wollte. Er wusste: Es wird im zweiten Wahlgang nicht reichen, um den Rückstand von über 17’000 Stimmen auf SVP-Kontrahent Hansjörg Knecht wettzumachen. Zwar konnte der SP-Kandidat seine Anhängerschaft dank eines professionellen und kostspieligen Wahlkampfs optimal mobilisieren. Aber Knechts SVP-Wählerbasis bleibt grösser.

Auch wenn er den Entscheid nicht alleine gefällt hat: Wermuths Rückzug ist ein cleverer Schachzug in eigener Sache. Er kann nur gewinnen:

  • Er verhindert so eine persönliche Niederlage. Rückblickend wird Wermuth nie als Verlierer der Ständeratswahlen dastehen.
  • Er rehabilitiert seinen Ruf als Frauenverhinderer. Stand er bei der Nomination noch Parteikollegin Yvonne Feri vor der Sonne, ist er nun plötzlich der Frauenermöglicher, indem er Ruth Müri (Grüne) den Vortritt lässt und Feri indirekt bei der Regierungsratswahl hilft.
  • Er profiliert sich als Parteistratege. Sollte es Müri nicht ganz schaffen, was immer noch wahrscheinlich ist, war es trotz seines Verzichts und nicht wegen seines Verzichts.
Von aussen konnte man gelegentlich den Eindruck bekommen, der SP-Nationalrat nutze den Ständeratswahlkampf vor allem als Profilierungsvehikel. Er selber betont, er habe sich immer vorgenommen, dass nicht seine Person im Vordergrund stehen dürfe, sondern der Einsatz für die Sache.

So oder so: Geschadet hat Wermuth das Spektakel um seine Ständeratskandidatur auf seinem vorgezeichneten Weg an die Spitze der SP Schweiz sicher nicht.