Wikon: Ein Spychermatte-Gegner spricht

 

In Wikon erwächst gegen das Grossprojekt «Spychermatte» Widerstand. Die «IG Wikon nachhaltig und kontrolliert» stört sich unter anderem an den Dimensionen der geplanten Zentrumsüberbauung.

Es ist ein zukunftsweisender Abstimmungstermin, der am 21. Mai in der Gemeinde Wikon ansteht: Es geht um nichts weniger als die geplante Zentrumsüberbauung «Spychermatte» im Gebiet Adelboden. Entschieden wird über den Verkauf von Landparzellen für rund 5,9 Millionen Franken an den Investor, die Pensionskasse ph pro, über den Bebauungsplan und Sonderbauvorschriften und über eine entsprechende Teilrevision des Zonenplans. Mit der «IG Wikon nachhaltig und kontrolliert» lässt sich nun erstmals auch öffentlicher und organisierter Widerstand bezüglich des Grossprojektes erkennen.

«Das Projekt ist überdimensioniert. Und mit dem Verkauf an die Pensionskasse gibt man das Ruder aus der Hand», sagt Beat Schultheiss, der Sprecher der «IG Wikon nachhaltig und kontrolliert» im Gespräch gegenüber dieser Zeitung. In der IG sind rund zehn Personen organisiert. Darunter befinden sich auch Einsprecher, die sich bereits seit der Auflage von Planungsunterlagen im Spätherbst 2016 auf rechtlichem Weg zur Wehr setzen. Und nun also der politische Widerstand. Die Bedenken der Gegnerschaft fussen auf verschiedenen Aspekten. «Wir sehen einen Strauss von Problemen», erklärt Beat Schultheiss. Denn einst habe man das Projekt als «Wohnen mit Dienstleistung» in viel kleineren Dimensionen angedacht, mit zwei Gebäuden. Nun sei das Vorhaben mit neun Häusern und 77 Wohnungen für eine Gemeinde wie Wikon mit 1500 Einwohnern zu gross. Man verbaue viel zu viel Land.

Schultheiss befürchtet, dass man sich mit diesen Einzonungen die Möglichkeit, andernorts im Dorf Land umzuzonen, auf Jahre hinaus verbaut. Der vorgesehene Bauperimeter im Gebiet Adelboden umfasst 16 987 Quadratmeter. «Wir hätten lieber eine kontinuierliche Entwicklung», sagt Beat Schultheiss. Das mit der Überbauung von den Projektverantwortlichen gewollte starke Wachstum berge zudem Gefahren. So befürchtet die IG, dass der Gemeinde Investitionskosten erwachsen würden, die sich negativ auf den Steuerfuss auswirken dürften. Der Verkaufserlös von 5,9 Millionen Franken sei ein kurzfristiger Gewinn, verpuffe längerfristig. Kritisiert wird nun auch, dass das Projekt einst als «Wohnen mit Dienstleistungen» mit Alterswohnungen angedacht worden sei und man sich nun einfach neue, gute Steuerzahler verspreche. Ob diese dann auch kommen würden, sei offen. Das ursprüngliche Ziel, die Reduktion der Pflege- und Betreuungskosten durch geeignete Wohnmöglichkeiten im Dorf, werde nur noch am Rand verfolgt, formuliert die «IG Wikon nachhaltig und kontrolliert» in einer schriftlichen Stellungnahme. Beat Schultheiss argumentiert auch, dass zu viel am Projekt unklar sei. Es sei nicht sicher, ob schliesslich wirklich ein Dorfladen in der Zentrumsüberbauung einziehen werde. «Es sind nur Ideen». Geht es nun nach der IG, soll das Projekt zurückgestellt werden «und eine von einem unberechenbaren Investor losgelöste Alternative umgesetzt werden». Nun sei der Zeitpunkt gekommen, um das Vorhaben zu stoppen. «Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende», so die IG.

«Geben Heft nicht aus der Hand»
Gemeindepräsident René Wiederkehr lässt die Kritik nicht unbeantwortet im Raum stehen. Grundsätzlich sei es im Sinne der freien Meinungsbildung richtig, dass sich die Gegner nun zu Wort melden. «Wir geben das Heft nicht aus der Hand» entgegnet er aber. Im Verkaufsvertrag und den Sonderbauvorschriften seien klare Rahmenbedingungen enthalten. Der Investor verpflichte sich, auf dem Grundstück eine Wohn- überbauung mit Gewerbe- und Dienstleistungsnutzungen zu realisieren, die ein generationenübergreifendes Wohnen ermögliche. Das Baugesuch für die zweite Etappe dürfe erst bewilligt werden, wenn zwei Drittel der Wohnungen der Häuser 1 bis 4 vermietet oder verkauft seien. Um einen Betreiber für einen Dorfladen zu präsentieren sei es noch zu früh, solange die Zonenplan- änderungen nicht unter Dach und Fach seien.

«Es stimmt zwar, dass der Buchgewinn vom strukturellen Defizit aufgefressen wird. Diese sechs Millionen Franken brauchen wir aber zur Überbrückung, bis neue Steuerzahler nach Wikon ziehen», erklärt Wiederkehr. Man gehe davon aus, dass Zuzüger, die Stockwerkeigentum kaufen würden, eher zur mittleren Einkommensklasse zu zählen sein werden. Ohne die Realisierung der «Spychermatte» erwartet er noch grössere Finanzprobleme für Wikon und eine massive Steuererhöhung. Die notwendigen Sparmassnahmen würden in diesem Falle einschneidend und spürbar. Der Gemeindepräsident erwartet auch nicht, dass die Gemeinde aufgrund der Neuzuzüger in grossem Masse investieren muss. «Dieses Argument ist nicht fundiert». Denn Schulraumreserven seien vorhanden und das Gebiet Adelboden gut erschlossen. Wiederkehr weisst zudem darauf hin, dass der Regierungsrat das Projekt gelobt habe und für die Einzonung sei.