
Wildzählung des Kantons in der Nacht auf Donnerstag weckt das Wiggertal
Wer nicht schlafen kann, soll Schafe zählen, lautet eine alte Binsenweisheit. Die Monotonie des Schäfchenzählens dient dazu, dass die schlafsuchende Person von schlafhindernden Gedanken abgelenkt wird. Weil der Kanton Aargau in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag aber Rotwild statt Schafe zählte, kamen etliche Wiggertalerinnen und Wiggertaler um ihren Schlaf. Denn der Kanton wurde dabei von einem Superpuma der Schweizer Armee, ausgestattet mit einer Wärmebildkamera, unterstützt, was von vielen Personen in dem Gebiet gehört wurde.
Die Rotwildzählung ist für die Abteilung Jagd und Fischerei des Kantons von immenser Wichtigkeit, wie Erwin Osterwalder, Fachspezialist Jagd und Fischerei beim Kanton Aargau, erklärt – obwohl es eigentlich mehr eine Schätzung als eine Zählung ist. «Ganz alle erwischen wir jeweils nicht», so Osterwalder. Die genauen Daten aus der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag hat er noch nicht erhalten. Dennoch kann er eine ungefähre Zahl der zurzeit im «Wildraum 1», wie das Gebiet rund um Zofingen, Murgenthal und Rothrist in seiner Abteilung genannt wird, lebenden Rothirsche nennen: «Rund 15 bis 20 Stück leben da.» Die Zahl – und damit die Zählung – ist wichtig für den Kanton, weil darauf mehr oder weniger das gesamte Rotwildmanagement beruht. «Vor etwa 10 Jahren wanderten die Rothirsche in das Gebiet ein. Durch die Zählung können wir den Bestand verfolgen.» Auch die Bejagung, genauer die Abschusszahlen, wird aufgrund solcher Bestandeserhebungen bestimmt.
Weshalb die Zählung kurz nach Mitternacht mit einem Helikopter erfolgte, hat laut Erwin Osterwalder mehrere Gründe. Da der Wald bis spätabends als Freizeitort genutzt wird, ist eine frühere Zählung nicht möglich. «Vor 22 Uhr verstecken sich die Tiere.» Aufgrund des hohen Nadelholzanteils im Gebiet müssen die Tiere in Bewegung sein, um sie auch mit Wärmebildkamera sehen zu können. Ist Betrieb im Wald, würden sie sich verstecken. Kommt dazu, dass die Wälder im «Wildraum 1» sehr weitläufig und für Rotwild praktisch komplett zugänglich sind. Auf Fotofallen zurückzugreifen, ist deshalb keine Möglichkeit. «Wir müssten weit über 200 Fotofallen aufstellen, um verlässliche Zahlen zu erhalten», so Erwin Osterwalder. Deshalb ist er froh, dass er auf die Unterstützung der Schweizer Armee – die zudem komplett vom Bund getragen wird – zurückgreifen kann. Allerdings muss für gute Aufnahmen mit der Wärmebildkamera der Boden möglichst kühl sein, um einen möglichst hohen Kontrast zu den warmen Tierkörpern zu haben – ein weiterer Grund für den nächtlichen Einsatz.
Erwin Osterwalder verspricht aber, dass der nächtliche Flug eine Ausnahme bleibt: «Das ist jetzt einmal passiert und geschieht so schnell nicht wieder.»