
Wirklich erstaunlich, wie sich FCA-Captain Elsad Zverotic verhält
Drei der vier vergangenen Partien von An- bis Schlusspfiff auf der Ersatzbank, im Cup-Viertelfinal gegen Winterthur nach 87Minuten eingewechselt: Was sich liest wie die Einsatzbilanz eines Profiluft schnuppernden Nachwuchsspielers, ist der Arbeitsnachweis von Captain Elsad Zverotic. Insgesamt stand der 34-Jährige in dieser Saison lediglich 17- von möglichen 30-mal in der Startelf – und das, ohne jemals verletzt gewesen zu sein.
Die Statistik verrät, dass mit Ausnahme von Chaosklub Chiasso bei allen anderen Challenge-League-Klubs die Maxime gilt: Ist der Captain gesund und nicht gesperrt, spielt er. Warum nicht beim FC Aarau? Und: Wieso tangiert die Nebenrolle des Captains nicht den Burgfrieden im Brügglifeld?
Die Antwort auf die erste Frage gründet in den Prinzipien von Trainer Stephan Keller. Alter, Namen und Palmarès sind für ihn keine Eintrittskarten in die Startelf, im Interview Ende November stellte er klar: «Ich baue jede Startformation mit der Überzeugung, dass diese elf Spieler unseren Plan am besten umsetzen können. Auf die Visitenkarte nehme ich keine Rücksicht, es geht nur um Leistung.» Heisst: Andere Spieler erfüllen die Anforderungen für Kellers kraftvollen Offensivfussball – gelinde gesagt – besser als Zverotic, dessen Stärken im kämpferischen Bereich liegen und dessen Körper Tribut zollt nach 17 Profijahren.
Seine zu Beginn der Saison erwartete Dauerrolle, die des Fixstarters im zentralen Mittelfeld nämlich, hatte Zverotic nur in den ersten vier Saisonspielen inne. Danach rutschte er aus der Startelf, kehrte kurz darauf mangels Alternativen als Aussenverteidiger in diese zurück und ist seit Mitte Februar und der Verpflichtung von Bastien Conus für die linke Abwehrseite endgültig nur noch Notnagel.
Erstaunlich: Zverotic muckt nicht auf, obwohl das menschlich verständlich wäre. Besonders die Einwechslungen in der Nachspielzeit gegen Thun und Xamax, die lediglich der Zeitgewinnung dienten, dürften für ihn ein Hohn gewesen sein. Doch keine Spur von Frust oder gar Wut – im Gegenteil: Zverotic feuert von der Seitenlinie aus die Kollegen an, strahlt nach Siegen über das ganze Gesicht und umarmt sogar Trainer Stephan Keller, dem er das Reservistendasein im letzten Jahr seiner erfolgreichen Karriere zu «verdanken» hat. Wirklich erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Fussballer der Ruf von «Ich-AG’s» vorauseilt.
Aufmucken wäre kontraproduktiv
Und somit zum Burgfrieden: In anderen Klubs wäre es längst zum Eklat gekommen, nicht in Aarau – was steckt dahinter? Hat die Mannschaft Erfolg, hat der Trainer Recht. Würde Zverotic in der aktuellen Phase aufbegehren, wäre er ziemlich allein auf weiter Flur, zumal seine Leistungen in den wenigen Einsätzen nicht jedes Mal Bewerbungsschreiben für mehr Spielzeit waren. Aber selbst wenn: Intrigen entsprechen nicht seinem Naturell. Natürlich hat auch Zverotic seinen Stolz, doch hat er diesen in seiner Karriere noch nie über das Wohl der Mannschaft gestellt.
Zverotic sagt: «Der Erfolg des FC Aarau steht an erster Stelle. Natürlich habe ich weiterhin den Ehrgeiz, so viel wie möglich zu spielen, aber in erster Linie will ich jetzt die letzten Monate meiner Profikarriere geniessen. Meine Aufgabe bis Ende Saison ist es, mit meiner Erfahrung den Teamkollegen zu helfen und im Training alles zu geben. Wenn es mich braucht, will ich bereit sein.» Er sei, so Zverotic, noch knapp zwei Monate beim FC Aarau als Spieler angestellt und wolle bis dahin dem Klub professionell dienen.
Was nach der Spielerkarriere kommt, dürfte ebenfalls Einfluss auf Zverotics Zurückhaltung haben. Er übernimmt im Sommer den neu geschaffenen Posten des Chefscouts. Aus seiner Sicht wäre es mehr als kontraproduktiv, sich kurz davor mit dem Trainer zu verkrachen und dadurch auch Sportchef Sandro Burki in die Bredouille zu bringen: Mit beiden wird Zverotic zusammenarbeiten. Und: Umso besser der FC Aarau Ende Saison sportlich dasteht, umso attraktiver die Rahmenbedingungen für den neuen Chefscout.
Burki, der sich in Zukunft an der Transferfront einiges von Zverotics Beziehungsnetz und Fachkompetenz erhofft, sagt: «Elsad, der Trainer und ich sind dauernd im Austausch. Obwohl er gerne öfter auf dem Platz stehen möchte, verhält sich Elsad vorbildlich und hilft, wo er kann. Dies erwarten wir von ihm, wie von jedem anderen Spieler, sonst passt er nicht zu uns.»
Der Captain ist nur Reservist und keinen störts – Fazit: Ein weiteres Indiz dafür, dass sie beim FC Aarau derzeit vieles richtig machen.
Härtetest für FC Aarau bei wiedererstarktem Xamax
Ende Februar gewann der FC Aarau gegen ein damals erschreckend schwaches Xamax mit 4:0 und drückte die Neuenburger noch tiefer in den Abstiegssumpf. Tempi passati: Aus den sieben Spielen seither hat Xamax 14 Punkte geholt und damit so viele wie keine andere Challenge-League-Mannschaft, der Vorsprung auf den Abstiegsplatz beträgt nun fünf Punkte. Zu verdanken ist der Aufschwung vor allem Stürmer Louis Mafouta, der in diesen sieben Spielen neun Mal (!) getroffen hat, am vergangenen Wochenende beim 4:1 gegen Tabellenführer GC erzielte der Franzose einen Hattrick. Ein Auswärtssieg am Samstagabend in der Maladière wäre ein kleines Husarenstück – auch, weil der FCA in diesem Jahr noch nie in der Fremde gewonnen hat (sechs Spiele). Andererseits: Alle drei bisherigen Saisonduelle mit Xamax gingen an den FCA – mit 4:0, 4:2 und 3:1.