
Zofinger Regionalfernsehen: Chaotisch und unprofessionell – und trotzdem unersetzbar


Private Regionalsender sind heute ein Teil der Medienlandschaft. Während das Tele M1 seit 1995 fester Bestandteil der regionalen Wohnzimmer ist, war einiges an Pionierarbeit nötig, um den Weg dazu zu ebnen. Einer dieser Pioniere ist Heinz Gerbig. Der Murgenthaler war die treibende Kraft hinter dem Zofinger Regionalfernsehen – kurz ZRF – welches vor genau dreissig Jahren auf Sendung ging.
«Ich hatte ein eigenes Fernsehstudio zu Hause, da ich die Modeschauen filmte, die meine Frau und ich mit den exklusiven Kleidern durchführten, die wir verkauften», erklärt Heinz Gerbig. Fürs Schneiden der Filme mietete er 1985 das Schneidstudio des SRF für 1000 Franken pro Tag. Gerbig suchte im Anschluss mittels einer Annonce ein eigenes Schneidstudio. Nach langem Warten fand er jemanden, der ein komplettes Fernsehstudio aus einer Konkursmasse heraus verkaufte. «Doch die Preisvorstellungen lagen weit auseinander. Als ich merkte, dass er Interesse an einem Oldtimerauto von mir hatte, kam es zu einem Tausch.» Von da an hatte Gerbig ein Fernsehstudio mit drei Kameras, einem Regie- und einem Schneideplatz zu Hause.
«Ich war überzeugt, dass das Privatfernsehen kommen würde. Also trat ich an den damaligen Chef des Zofinger Tagblatts, Hans Gresch, und den Marketingleiter Bruno Imfeld heran.» Zusammen mit ihnen beantragte Gerbig beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom) eine Konzession, die sie auch erhielten. Der erste Testlauf für das ZRF war an der Zofinger Gewerbeausstellung (ZOGA) 1988. «Solange die Bühne frei war, durften wir ‹etwas Fernsehen machen›. Alles live, ziemlich chaotisch und unprofessionell.» Bildqualität und Ton liessen zu wünschen übrig. Die einzige Konsequenz war damals aber, dass die ZRF-Macher an der Fasnacht ein gutes Sujet abgaben.
ZRF-Zeit neigt sich langsam dem Ende zu
«In den Herbstferien 1989 richteten wir unser Studio dann im BZZ ein. Mit vorproduzierten Sendungen legten wir richtig los», erklärt Heinz Gerbig. So produzierten sie etwa einen Krimi mit der Kantonspolizei Aargau, die damals noch einen Standort in Zofingen hatte. Der Titel lautete «Trubel für Tröbel». Der Krimi diente dazu, die Arbeit der Polizei anhand eines häufigen Falles, dem Fahren unter Alkoholeinfluss, vorzustellen.
Vor der Kamera stand damals oft Ueli Leuenberger, der etwa «Cocktail» moderierte. Zu Beginn der Sendung musste Leuenberger jeweils einen Schluck eines Cocktails trinken. «Einmal vergass er den Schirm rauszunehmen und stach sich ins Auge», erinnert sich Gerbig zurück. Ein anderes Mal hatten sie Startschwierigkeiten und mussten den Anfang insgesamt 13 Mal neu filmen. «Natürlich jedes Mal mit einem frischen Cocktail. Auf die Idee, Ueli einen alkoholfreien Cocktail zu servieren, kamen wir nicht», erzählt Heinz Gerbig lachend. Auch wenn die Zeit stressig gewesen sei, oft bis früh in den Morgen geschnitten wurde – neben der normalen Arbeit natürlich – sei es vor allem schön und interessant gewesen.
Als das Zofinger Tagblatt seine finanzielle Unterstützung 1993 einstellte, musste ein anderes Konzept her. Firmenporträts mit einem fliegenden Studio waren die Lösung. Eine Stunde Sendung direkt aus den Firmen kostete die Teilnehmer 4000 Franken. Das einzige Problem schien die Genehmigung des Bakoms zu sein, denn Werbung war damals verboten. «Wir umschrieben aber unser Konzept, sodass das Wort Werbung nie vorkam.» Zum Erstaunen aller wurde die Konzession erteilt. Nach und nach zeichnete sich das Ende des ZRF aber dennoch ab. Heinz Gerbig wurde angefragt, ob er zu Tele M1 wechseln wolle, das damals in den Kinderschuhen steckte. «Pionier spielen fand ich ganz lustig, mehr wollte ich aber nicht», sagt er dazu. Sein Fernsehstudio verkaufte er danach an die Schule für Gestaltung in Basel. (rew)