
Zwei, die ihre Kirchen umbauen wollen
Im Jubiläumsjahr der Reformation befinden sich unabhängig der Konfession die Kirchen in einem starken Umbruch.
Mit Schaufel, Spaten, Handschuhen und Leuchtweste stehen Burkhard Kremer und Peter Calivers im Garten. Sie haben Symbole gewählt, die sie mit der Kirche und der Reformation verbinden. Bewusst wollen Kremer, Pfarrer der Reformierten Kirchgemeinde Zofingen, und Calivers, Sozialdiakon der römisch-katholischen Kirchgemeinde Zofingen, auf dem Bild keine der beiden Kirchen im Hintergrund. Denn unabhängig von der Konfession befinden sich die Kirchen in einem starken Umbruch.
Religionslandschaft verändert sich
«Es sind Baustellen, bei denen renovieren nicht mehr ausreicht. Der Umbau der Kirchen ist notwendig und muss weitergehen», sind sie sich einig. Denn die Religionslandschaft verändert sich. Im Gespräch zeigt sich, dass den Reformierten Kremer und den Katholiken Calivers sowie auch ihre Kirchen mehr verbindet als trennt. «Auch Geschwister haben Streit, aber sie leben im selben Haus», sagt Kremer. Die beiden Theologen kennen sich seit Jahren, tauschen sich aus und arbeiten zusammen. So in der ökumenischen Erwachsenenbildung. Zu dieser gehört die Septembervortragsreihe, die beide Kirchen seit zwanzig Jahren gemeinsam organisieren. «Sind 500 Jahre Reformation genug?», lautet die Frage, die im Zentrum dieser drei Vortragsabende steht (siehe rechts).
Kernaufgabe ist die Verkündigung des Evangeliums
Angesprochen darauf verneinen Calivers und Kremer. Neue Ansätze und Strukturen brauchen beide Kirchen, um den schwindenden Mitgliederzahlen und den gleich bleibenden Ausgaben begegnen zu können. «Wir diskutieren nicht so sehr über den Glauben an Jesus Christus, sondern vielmehr über unsere Strukturen», sagt Kremer und Calivers präzisiert: «Es geht dabei nicht nur um Geld und Organisation. Unsere Kernaufgabe ist die Verkündigung des Evangeliums – dies müssen wir gewährleisten und organisieren, die Form und Struktur ist dazu ein Hilfsmittel. Die Kirche ist kein Selbstzweck – genau deshalb können wir heute wieder miteinander diskutieren.» Eine grosse Frage sei die Besetzung der Ämter. Calivers gibt zu, dass ihn die veralteten, katholischen Strukturen stören. Damit spricht er das Thema Frauen als Priesterinnen und den Zölibat an. 1074 sei aus der Möglichkeit des Zölibats ein Obligatorium mit der Amtsfrage verknüpft worden.
Die Reformation vor 500 Jahren hat gewaltige Veränderungen mit sich gezogen (siehe unten). Sie habe, so Kremer, die Vorstellungen von Menschenwürde, Demokratie von Freiheit und sozialer Verantwortung mitgeprägt. «Kirche ist da, wo die Leute ohnehin sind.» Kremer zeigt sich offen, Neuland zu beschreiten. Als Weg sieht er die Kirchenstandorte klarer zu positionieren. So nennt Burkhard Kremer beispielsweise Strengelbach als familiären Treffpunkt, Vordemwald als romantisch-holistischen und Zofingen als traditionellen. Die vielen Besucher gelte es in der Stadtkirche abzuholen, so durch erhöhte Präsenzzeiten der Pfarrer. «Wir müssen uns aus den Räumen bewegen», pflichtet Peter Calivers bei.
500 Jahre Reformation
Der deutsche Mönch Martin Luther schrieb vor 500 Jahren seine 95 Thesen, die zur Spaltung der christlichen Kirche führten. Die Thesen wurden noch im selben Jahr in Basel gedruckt und beeinflussten die Schweizer Reformatoren Jean Calvin aus Genf und Huldrych Zwingli aus Zürich. Das Jubiläum «500 Jahre Reformation » wird deshalb auch in der Schweiz gefeiert. In Luthers Gedankengut zählte alleine der Glaube und die Bibel für den Christen. Zwingli dagegen forderte vom Konstanzer Bischof das Eheverbot für Priester aufzuheben und die bibeltreue Predigt einzuführen. Er wollte auch das politische Gemeinwesen neu organisieren. 1525 hatte Zwingli seine Ideen in Zürich durchgesetzt: Klöster, Heiligenverehrung, Bilderkult, Prozessionen, Orgelspiel und Gemeindegesang waren abgeschafft. 1531 erschien die von Zwingli und seinen Anhängern erstellte Übersetzung der Bibel in die Volkssprache als Buch. Es kam aber auch zum Bürgerkrieg mit den Vertretern der am katholischen Glauben festhaltenden Gebieten. Zwingli starb 1531 auf dem Schlachtfeld bei Kappel am Albis.