Nach Burkaverbot: Gabriela Suter lanciert Initiative für mehr Volksrechte – sogar SVPler machen mit

«Nach dem letzten Abstimmungssonntag haben wir neben einem Bauverbot für Minarette neu auch Kleidervorschriften in der Verfassung», ärgert sich Gabriela Suter immer noch und meint damit das Burkaverbot. «Damit dies nicht weiter ausufert», wie die Aargauer SP-Nationalrätin sagt, reicht sie eine parlamentarische Initiative ein, die Volksinitiativen auch auf Gesetzesebene ermöglichen soll.

Gegner der Verhüllungsverbots-Initiative argumentierten damit: Ein solches Anliegen gehöre nicht in die Verfassung, wenn überhaupt, dann in ein Gesetz. SVP-Nationalrat Andreas Glarner als Befürworter des Burkaverbots entgegnete im Abstimmungskampf darauf stets, es gebe nun mal nur die Möglichkeit, mit einer Volksinitiative via Verfassung etwas zu ändern. Auch an einer Online-Podiumsdiskussion zum Verhüllungsverbot an der Kanti Baden brachte Glarner gegenüber Suter dieses Argument.

Ein Steilpass für die SP-Politikerin. Sie habe Glarner deshalb gefragt, ob er mit mitmache bei ihrer parlamentarischen Initiative für ein neues Volksrecht auf Gesetzesebene. Glarner habe ihr Anfang Woche zugesagt, kurzfristig aber doch abgesagt, sagt Suter. Die «SVP-Rennleitung» soll Glarner zurückgepfiffen haben.

Glarner bestätigt auf Anfrage, er habe «Sympathien» für Suters Vorschlag, aber nach Rücksprache mit der SVP-Fraktion habe er sich entschieden, die parlamentarische Initiative nicht zu unterstützen. Aus inhaltlichen Gründen: Ein Gesetz, das über eine Volksinitiative nach aufwändigem Unterschriftensammeln durchgesetzt würde, könnte das Parlament problemlos – zum Beispiel mit einer Motion – wieder abschaffen, so Glarner. Darum bringe eine solche Gesetzesinitiative nicht viel.

Der Aargauer SVP-Kantonalpräsident gibt Suter also einen Korb. Dafür erhält sie Unterstützung von den beiden SVP-Nationalräten aus dem Nachbarkanton Solothurn. Sowohl Christian Imark als auch Walter Wobmann als Vater der Burkaverbots-Initiative haben die parlamentarische Initiative von Gabriela Suter unterschrieben. Heute Mittwoch wird sie eingereicht.

Obwohl Suter sogar von der politischen Gegenseite Sukkurs bekommt, ist ihr Mehrheit im Parlament keineswegs sicher. Suter ist nämlich nicht die erste, die einen Anlauf nimmt, ein solches Volksrecht zu verankern. Schon 1987, 2004, 2009 und zuletzt 2014 gab es vergleichbare Vorstösse. Jedes Mal ohne Erfolg. Eines der Hauptargumente der Gegner formulierte damals CVP-Präsident Gerhard Pfister (ZG): Die Gesetzesinitiative würde in der Umsetzung kompliziert, das Parlament hätte – anders als bei der heutigen Verfassungsinitiative – kaum noch Spielraum. Zudem biete eine Volksinitiative auf Gesetzesstufe die Möglichkeit, das Ständemehr zu umgehen, was die kleineren Kantone schwächen würde.

Im Kanton gibt es Gesetzesinitiative seit über 100 Jahren

Für Suter sind diese Argumente nicht stichhaltig. Das Ständemehr könne man ja als Hürde einbauen, wenn gewünscht. Und zu Glarners Punkt, das Parlament könne ein durchs Volk beschlossenes Gesetz, leicht wieder abändern, betont sie, es könne bei jeder Gesetzesänderung das Referendum ergriffen werden mit anschliessender Volksabstimmung. Auch einen Verfassungsartikel könne das Parlament wieder kippen, auch dann käme es zu einer Volksabstimmung.

Auf Kantonsebene gebe es die Gesetzesinitiative schon seit über 100 Jahren und habe sich etabliert. Suter ist überzeugt: «Die Gesetzesinitiative auf Bundesebene stärkt das Mitwirkungsrecht der Stimmberechtigten.»

Als nächstes wird Suters parlamentarische Initiative für mehr Volksrechte in der zuständigen Staatspolitischen Kommission des Nationalrats behandelt. Pikant: Präsidiert wird diese von Andreas Glarner.