Kein Geld für Managementfehler: So will der Aargauer Regierungsrat den Spitälern die Corona-Ausfälle entschädigen

Der Regierungsrat hatte bereits letztes Jahr angekündigt, dass er die Spitäler für coronabedingte Zusatzkosten und Ertragsausfälle entschädigen will. Am Freitag hat er den Bericht in die Anhörung geschickt. Im Juni kommt das Geschäft in den Grossen Rat.

Im ersten Moment kommt vielleicht die Frage auf, warum während der Pandemie ausgerechnet die Spitäler Ertragsausfälle verzeichnen. Das hat mehrere Gründe.

Der Bundesrat hat Operationen verboten

Vom 16. März bis am 26. April 2020 waren wegen Corona alle nicht dringenden Behandlungen und Operationen verboten. Das hat der Bundesrat am 13. entschieden. Er wollte damit sicherstellen, dass die Spitäler genug Kapazitäten für Covid-Patientinnen schaffen.

Während der zweiten Welle gab es kein solches Verbot. Das Gesundheitsdepartement hat den Spitälern aber beispielsweise die Vorgabe gemacht, dass sie nur so viele Operationssäle für nicht dringende Eingriffe betreiben dürfen, dass sie innerhalb von 48 Stunden in der Lage wären, zusätzliche Kapazitäten für die Versorgung von Covid-Patienten zu schaffen.

Spitäler mussten nicht dringende Eingriffe drastisch reduzieren

Um die Covid-Patientinnen versorgen zu können, haben die Spitäler bereits im November nicht dringliche Eingriffe – auch elektive Eingriffe genannt – wieder verschieben müssen. Das Kantonsspital Baden (KSB) hat 30 Prozent der Operationen verschoben, das Kantonsspital Aarau (KSA) die Hälfte und die Hirslanden Klinik Aarau sogar 80 Prozent.

Anfang Januar fanden praktisch keine elektiven Eingriffe mehr statt. Die Spitäler meldeten, sie hätten die Eingriffe um 95 bis 100 Prozent reduzieren müssen. Nur so verfügten sie über genug Fachpersonal und Infrastruktur, um Covid-Patienten auf der Intensivstation zu versorgen.

Diese Ausfälle wegen verschobener Operationen könnten auch mit der Fallzunahme bei den Covid-19-Fällen nicht wettgemacht werden, schreibt der Regierungsrat im Anhörungsbericht.

Die Pandemie verursacht Mehrkosten

Dazu kommen Zusatzkosten – nicht nur für Schutzmaterial. Die Spitäler mussten beispielsweise Notfallstationen coronakonform umbauen oder neue medizinische Geräte für die Intensivstationen anschaffen.

Insgesamt belaufen sich die Ertragsausfälle für das Jahr 2020 auf 46 Millionen Franken, die Zusatzkosten auf 54 Millionen Franken.

 

Ertragsausfälle und Zusatzkosten der Spitäler

in Millionen Franken, ohne Reha und Psychiatrie
Spital Ertragsausfälle (stationär, allgemein versichert) Zusatzkosten
Kantonsspital Aarau 22,1 17,6
Kantonsspital Baden 0 14,6
Spital Muri 0 1,4
Hirslanden Klinik Aarau 2 3
Spital Leuggern 2,3 1,1
Spital Menziken 1,4 1
Klinik Villa im Park 0 0,2
Gesundheitszentrum Fricktal 4,3 2,8
Spital Zofingen 2,4 1,2
 
 

Für das laufende Jahr rechnet der Regierungsrat mit weiteren coronabedingten Zusatzkosten und Ertragsaufällen von 75 Millionen Franken. Es bestünden aus epidemiologischer Sicht verschiedene Anzeichen dafür, dass wir vor einer dritten Welle stehen, schreibt der Regierungsrat.

Regierungsrat will Zusatzkosten voll entschädigen

Bei den Zusatzkosten ist für den Regierungsrat klar, dass diese den Spitälern voll entschädigt werden müssen. «Nur so kann sichergestellt werden, dass diese nicht auf ungedeckten Kosten sitzen bleiben, die durch notwendige Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie entstanden sind», schreibt er im Anhörungsbericht.

Etwas komplizierter ist es bei den Ertragsausfällen. Dort ist es schwieriger, abzugrenzen, welche Ausfälle wegen der Pandemie entstanden sind und welche nicht.

Ausfälle bei Zusatzversicherten sollen nicht ersetzt werden

Der Regierungsrat ist der Meinung, dass nur Ertragsausfälle der stationären Leistungen der allgemeinen Abteilung entschädigt werden sollen. Er argumentiert, für ambulante, private oder halbprivate Leistungen bestehe keine kantonale Finanzierungspflicht. Diese Leistungen bezahlen die Krankenkassen.

Der Regierungsrat will die gemeldeten Ertragsausfälle der Spitäler noch genau prüfen. «Bei dieser Prüfung werden die nicht covid-19-bedingten oder durch Managementfehler verursachten Ertragsausfälle in Abzug gebracht», so der Regierungsrat.

Auch die Ebidta-Marge wird in die Berechnung der Entschädigung einfliessen. Liegt sie 2020 über der durchschnittlichen Marge der Jahre 2017–2019, soll sie entsprechend um diesen Betrag gekürzt werden. Nicht zuletzt ist auch eine Kürzung vorgesehen, wenn ein Spital die Schadenminderungspflicht verletzt hat.

Auszahlung nicht vor Herbst

Die Entschädigungen werden den Spitälern voraussichtlich ab Herbst 2021 ausbezahlt, nachdem der Grosse Rat den Verpflichtungskredit bewilligt hat und die Referendumsfrist abgelaufen ist. Wird das fakultative Referendum ergriffen, muss die Aargauer Stimmbevölkerung über die Entschädigung entscheiden.