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Alle Jahre wieder: Warum für zwei Fricktaler ein Leben ohne Adventsfenster unvorstellbar wäre 

Wenn die Tage kürzer werden und die Temperaturen tiefer, dann zieht es den Rheinfelder Peter Koller an den Basteltisch in der heimischen Stube. Wenn ihn Transparentfolien, Tonpapier, Schere und Stifte umringen, dann ist er in seinem Element.

Von seinem 2021er-Fenster sind bisher nur Teilstücke fertig. Und allzu viel verraten will er nicht, was es für ein Sujet wird. Nur so viel: «Es hat mit meinen Grosskindern zu tun.» Auch Beatrice Cancela aus Stein hat schon die ersten Ideen für ihr neues Fenster. Aber der beleuchtete Schaukasten, den sie Jahr für Jahr neu dekoriert und hinter dem Fenster aufstellt, ist noch weitgehend leer. «Schauen wir mal, was es wird», sagt sie lachend.

Beatrice Cancela aus Stein ist 2021 schon zum 23. Mal dabei. 

2021 ist Beatrice Cancela das 23. Mal dabei

Wenn am heutigen 1. Dezember in Fricktaler Gemeinden erneut die Adventsfenster-Aktionen starten, dann zählen und bauen die Veranstalter auf Menschen wie Koller und Cancela.

Koller hat sein erstes Adventsfenster in Rheinfelden 2003 dekoriert. Cancela macht bei der Steiner Aktion seit 1999 mit, seit es sie gibt. 2021 ist sie also das 23. Mal dabei. Koller nennt als Motivation dafür, warum ihn der Lichter-Brauch entflammt:

«Ich habe Freude am Basteln und möchte mit meinem Fenster denen eine Freude machen, die in der Dunkelheit daran vorbeilaufen.»

Für sie sei das eine schöne Tradition, sagt Cancela, «und es wäre megaschade, wenn sie ausstirbt». Einmal hat sie gleich drei Fenster dekoriert, nur um zu verhindern, dass die Aktion ausfiel, weil Teilnehmende fehlten.

Tochter Marina musste dem Vater 2020 aushelfen

Koller sagt, er arbeite dieses Jahr mehr mit Schattenbildern. Das sei weniger aufwendig. Er hat aus 2020 gelernt, als die Gestaltung seines Fensters so viel Zeit in Anspruch genommen hat, dass er nur mit Hilfe von Tochter Marina noch rechtzeitig fertig geworden ist.

Die Konturen der Figuren allein mit schwarzem Tonpapier abzubilden, erforderte viel Vorbereitung und eine sichere Hand beim Ausschneiden der filigranen Linien. Das Gesamtmotiv muss sich dem Betrachter allein dadurch erschliessen, dass es mit einer Hintergrundlampe beleuchtet, nach draussen strahlt. Wo dringt das Licht durch, wo nicht – all das muss Koller mit berechnen.

2020 hat Peter Koller Corona zum Thema seines Adventsfensters gemacht.

2020 machte Koller ein Coronafenster. Zu sehen ist ein böse dreinblickendes Virus. Vielleicht ärgert es sich über die harmonisch am Tisch sitzende Familie, die es trotz Pandemie nicht auseinanderbringen kann.

Den Weihnachtsmann mit Regenschirm 2019

Koller, alt Grossrat der SP, hat mit seinem 2010er-Fenster auch schon die SVP-Ausschaffungs-Initiative karikiert. 2012 ging es um das 1965 geschlossene UNO-Abkommen zur Rassendiskriminierung, und dass es die Schweiz erst seit 1994 umsetze.

2019 hat Koller den Weihnachtsmann mit Regenschirm dargestellt – eine Anspielung auf den Klimawandel. Die Ideen dazu holt er sich auch aus Comics und Karikaturen.

Koller, der von sich sagt, er sei einer der letzten SPler, der noch der Kirche angehöre, betont:

«Für mich gehören auch solche politischen Sujets zur Weihnachtsbotschaft.»

Auch Cancela bastelt nicht nur Samichläuse und Engelchen. 2008 war das Motto «Arche Noah» und 2015 «Frau Holle». 2011 haben sie die drei Könige auf den Jakobsweg geschickt: Ehemann Juan Manuel Cancela stammt aus Galicien, dort wo Santiago de Compostela liegt.

Eines der Adventsfenster-Motive von Beatrice Cancela aus Stein war Frau Holle.

Aber eines ist der Steinerin wichtig: Alles muss Marke Eigenbau sein. Jedes Jahr will sie etwas Neues kreieren. Und rechtzeitig fertig werden. Bisher, sagt sie, hat es immer geklappt. Aber Peter Koller und Beatrice Cancela haben ja auch noch Zeit: Der Tag der Enthüllung ist für ihn der 12. und für sie der 18. Dezember.