«Es war eine Frage der Zeit»: Schon vor der wüsten Schlägerei ist die Polizei regelmässig zum «Engel» ausgerückt

Fünf Verletzte, drei Verhaftete und eine verwüstete Wohnung: Das ist die Bilanz des Grosseinsatzes vom Dienstag in der 330-Einwohner-Gemeinde Rümikon. Der Grund: Mehrere Rumänen lieferten sich eine wüste Schlägerei, wie die Polizei berichtet. Rund zehn Einsatzwagen der Regionalpolizei, der Kantonspolizei und der Grenzwacht, vier Ambulanzen und ein Helikopter waren vor Ort.

Es sei bedauerlich, dass so etwas in einem kleinen und beschaulichen Dorf wie Rümikon passiere, sagt Gemeindeammann Urs Habegger. Überrascht ist er aber nicht: «Es war eine Frage der Zeit, bis es eskalierte.» Die Liegenschaft im ehemaligen Hotel Engel steht schon länger im Fokus: «Die Regionalpolizei ist regelmässig vor Ort», sagt Urs Habegger.

Seit rund zehn Jahren befinden sich im früheren Hotel Studios und möblierte Zimmer. Immer wieder hätten die Besitzer gewechselt. Vor allem Gastarbeiter aus Russland, Polen, Ungarn, Deutschland, Österreich oder Rumänien wohnen im über 300 Jahre alten Gebäude. «Viele sind als Erntehelfer in der Schweiz, arbeiten als Monteur oder auf dem Bau bei renommierten Unternehmen aus der Region», sagt Habegger. Sie seien freundlich, man grüsse sich im Dorf. Mit den Liegenschaftsbesitzern habe man ein gutes Einvernehmen, regelmässig erhält die Gemeinde einen Mieterspiegel.

Regionalpolizei war fast wöchentlich vor Ort

Aber unter den Bewohnern der Liegenschaft gingen nicht alle einer Arbeit nach, manche seien deshalb oft zu Hause. Bei so vielen unterschiedlichen Nationalitäten sei denn auch keine Überraschung, dass es zu Spannungen komme. «Für uns im Dorf ist es nichts Aussergewöhnliches, wenn die Polizei oder die Sanität vor Ort ist», sagt Habegger.

Das bestätigt auch René Lippuner, der Chef der Regionalpolizei Zurzibiet. «Eine Zeit lang musste die Repol fast wöchentlich ausrücken», sagt er. Vor etwa einem halben Jahr habe sich die Situation etwas entspannt, die Polizistinnen und Polizisten seien nur noch ab und zu vor Ort gewesen. Bis die Situation diese Woche eskalierte.

Am Dienstag kurz nach 21 Uhr meldeten mehrere Personen die Schlägerei bei der Polizei. Die Polizei und die Ambulanz müssen schnell kommen, so die Anrufer. «Ich dachte mir zuerst nichts dabei, als ich die Sirenen hörte», sagt Ammann Urs Habegger. Als dann aber immer mehr Einsatzfahrzeuge auftauchten, habe er dann doch das Haus verlassen und sich zum «Engel» aufgemacht. Vor dem früheren Hotel sei es, abgesehen von den zahlreichen Einsatzfahrzeugen, noch ruhig zu und her gegangen.

Bei Schlägerei Wohnung verwüstet

Im Innern des Gebäudes spielten sich aber ganz andere Szenen ab: «Vor Ort war ein Bild der Verwüstung anzutreffen», heisst es in der Medienmitteilung der Kantonspolizei. In der demolierten Wohnung hätten mehrere Personen zum Teil gravierende Verletzungen aufgewiesen. Eine Gruppe von Rumänen hatte sich offenbar eine deftige Schlägerei geliefert. Die Männer im Alter zwischen 21 und 35 Jahren «dürften aus noch unbekannten Gründen mit Messer und Flaschen aufeinander losgegangen sein, bis die Polizei eintraf», heisst es in der Mitteilung weiter.

Die verletzten Personen wurden mit mittelschweren bis schweren Verletzungen ins Spital gebracht. Drei mutmassliche Tatverdächtige wurden noch in der Nacht inhaftiert. Wie es so weit kommen konnte, ist auch einen Tag danach unklar. «Die beteiligten Personen liegen noch immer im Spital», sagt Kapo-Sprecherin Aline Rey. Deshalb hätten sie auch noch nicht vernommen werden können. Die Kantonspolizei hat ihre Ermittlungen dazu aufgenommen. Die zuständige Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach eröffnete eine Strafuntersuchung.

Hotel war Tatort eines grausamen Mordes

Das um 1700 erbaute Gasthaus zum Engel, das 1970 mit einem Hotelkomplex ergänzt wurde, war ab den Siebziger- und Achtzigerjahren ein renommiertes Fischrestaurant, das weit über die Grenzen des Zurzibiets bekannt war. Traurige Berühmtheit erlangte das Hotel im April 1997, nachdem sich im «Engel» eine Bluttat ereignet hatte: Der Mann der damaligen Besitzerin erschoss seine Frau und schnitt sich danach die Pulsadern auf.

Nach diesem Ereignis wurde die Liegenschaft für mehrere Jahre nicht mehr verpachtet. 2001 ersteigerte die frühere Neue Aargauer Bank die sanierungsbedürftige Liegenschaft sowie 7,9 Aren Bauland für insgesamt 490’000 Franken.