Lärm beim Rangierbahnhof: Die SBB wollen sich ihren Auflagen entledigen ‒ der Spreitenbacher Gemeinderat wehrt sich

Der Rangierbahnhof Limmattal auf den Gemeindegebieten von Spreitenbach und Dietikon gehört zu den grössten in Europa. Bis zum Fahrplanwechsel 2016 wurden hier die Güterzüge in der Nacht auseinandergenommen, neu rangiert und für die Weiterfahrt wieder zusammengesetzt. Das raubte seit seiner Errichtung im Jahr 1978 vielen Anwohnerinnen und Anwohnern den Schlaf.

Nachdem die SBB 2016 das Betriebskonzept angepasst hatten, wurde nicht mehr ausschliesslich nachts rangiert, sondern die Arbeiten wurden teilweise in den Tag verlegt. Nicht nur, um effizienter zu arbeiten und die Auslastung der Bahninfrastruktur zu verbessern, die grosse Hoffnung bei SBB Cargo und der lärmgeplagten Bevölkerung in Spreitenbach und anderen betroffenen Gemeinden war, dass dadurch der Lärm in der Nacht reduziert beziehungsweise in den Tag verschoben werden kann.

Messungen, welche die SBB vor und nach der Umstellung vorgenommen hatten, zeigten aber, dass dies nicht der Fall war.

Und auch im Jahr 2021 ist die Lärmproblematik noch immer aktuell: «Wir erhalten nach wie vor Rückmeldungen aus der Bevölkerung, dass es rund um den Bahnhof sehr laut ist», sagt Spreitenbachs Vizepräsident Markus Mötteli (CVP). 2016 hatte das Bundesamt für Verkehr (BAV) verfügt, dass die SBB die Lärmemissionen regelmässig überprüfen, um die Lärmwerte zu dokumentieren. «Doch in den letzten Jahren ist das etwas eingeschlafen und nicht konsequent gemacht worden», sagt Mötteli.

«Offensichtlich sind die SBB der Meinung, sie hätten ihre Pflicht getan»

Im Sommer 2020 trafen sich das BAV, der Kanton Aargau und Spreitenbach zu einer Vernehmlassung. «Die Diskussion ging um die Frage, ob die Lärmproblematik erledigt ist», sagt Mötteli. «Das ist nicht der Fall, wir wollen die versprochenen Messungen weiterhin.» Das BAV gab der Gemeinde Recht und beauftragte die SBB, bis Ende November 2020 eine weitere Lärmanalyse vorzuweisen.

Dem ist das Unternehmen nachgekommen. In der Analyse kommen die SBB zum Schluss, dass «aufgrund einer Zunahme der Emissionen» in den obersten Stockwerken von zwei Liegenschaften die Immissionsgrenzwerte überschritten werden.

Dem müsse mit Schallschutzfenstern entgegengewirkt werden. Dazu beantragten die SBB auch gleich noch, dass die Auflagen aus dem Jahre 2016 beziehungsweise Sommer 2020 nun «als erledigt zu beurteilen und abzuschreiben» seien.

«Offensichtlich ist man bei den SBB der Meinung, sie hätten ihre Pflicht getan und müssten mit diesen Messungen nicht weitermachen», so Mötteli. Damit ist der Gemeinderat nicht einverstanden: «Wir beurteilen diesen Antrag als nicht sachgerecht.»

Deshalb habe man nun das Bundesamt für Verkehr ersucht, dass die SBB nebst dem Einbau von Schallschutzfenstern bei den erwähnten Gebäuden auch andere lärmreduzierende Massnahmen direkt an der Quelle weiterverfolgen müssen, die durch das Bundesamt überwacht werden sollen.

«Schallschutzfenster sind nur eine Art Notmassnahme, man will ja doch auch einmal ein Fenster offenhalten», sagt Mötteli. Der Gemeinderat sei davon überzeugt, dass noch mehr gemacht werden könne. «Und auch auf ein Lärm-Monitoring mit regelmässigen Lärmmessungen durch die SBB wollen wir nicht verzichten», sagt Mötteli.