Forschungsspionage im Aargau? Das PSI widerspricht: «Wir haben keine Hinweise für Abfluss von Know-How nach China»

Fast das gesamte Wissen des Paul Scherrer Instituts (PSI) zur Protonentherapie sei mittlerweile in China gelandet. Das sagte ein ETH-Professor zum Abzug von Know-How aus der Forschungsstätte in Villigen ins Reich der Mitte.

Unternehmer Hugo Schär, der mit seiner Firma die hochkomplexen Therapiegeräte baute und am PSI ein und aus ging, berichtete von negativen Erfahrungen mit seinen chinesischen Geschäftspartnern. Er habe rasch realisiert, dass den Chinesen nur daran gelegen gewesen sei, Know-how abzuzügeln. «Alles wurde gehackt», sagte Schär und fügte hinzu, er sei hintergangen worden.

PSI: Keine patentierte Forschung abgeflossen

PSI-Mediensprecherin Mirjam van Daalen widerspricht, als die AZ sie mit der Kritik konfrontiert: «Wir teilen die Aussagen des Artikels nicht, weder inhaltlich noch bezüglich der benutzten Stereotypen.» Damit meint sie die Annahme, dass China nur auf das «Abzügeln» von westlichem Know-How aus sei. Van Daalen hält ausdrücklich fest:

«Wir haben keinerlei Hinweise darauf, dass patentgeschütztes Know-How ausserhalb einer Lizenzvereinbarung
nach China geflossen ist.»

Forschungsergebnisse des PSI werden laut der Sprecherin mit Patenten geschützt, «wenn eine Patentierung möglich ist und eine kommerzielle Umsetzung realistisch erscheint».

Interessierte könnten dann Lizenzen für die kommerzielle Nutzung der Ergebnisse erwerben. Auch das Protonentherapiewissen des PSI, das laut der Sprecherin durch Patente geschützt ist, «steht jedem zur Verfügung, der die betreffenden Lizenzen dafür kauft».

Protonentherapie: China zahlte keine Förderbeiträge

Nicht patentierte Ergebnisse zur Protonentherapie würden publiziert und stünden der internationalen Forschergemeinde dann für weitere Studien zur Verfügung, ergänzt van Daalen. Der Austausch wissenschaftlicher Ergebnisse zwischen Institutionen und über Grenzen hinweg sei Basis für eine fortlaufende erfolgreiche wissenschaftliche Zusammenarbeit.

Die Voraussetzungen für die Nutzung patentierbarer technologischer Entwicklungen seien für alle PSI-Projekte klar definiert, sagt van Daalen. Dies passiere entweder direkt über die Arbeitsverträge der einzelnen Wissenschaftler oder nach den Bedingungen der Projektfinanzierung.

«Je nach Finanzierungsquelle kann dies dann zu gemeinsamem oder alleinigem geistigen Eigentum führen», sagt die Sprecherin. Das PSI hat laut van Daalen keine Beiträge aus China für die Förderung der Protonentherapie erhalten.

Kanton förderte Projekt mit 26 Millionen Franken

Aus Peking floss also kein Geld nach Villigen, aus Aarau hingegen schon. Der Kanton hat sich massgeblich am Ambulatorium für Protonentherapie beteiligt. Insgesamt zahlte der Kanton 26 Millionen Franken für das Projekt am PSI. Im Sommer 2008 sprach der Regierungsrat 20 Millionen Franken aus dem Swisslos-Fonds, im Jahr 2006 gab es einen Beitrag von einer Million, im Jahr 2000 ein Darlehen von fünf Millionen Franken.

Das PSI ist keine kantonale Institution, sondern eine Abteilung der ETH, die einen Grossteil ihres Budgets aus Bundesgeldern deckt.

Das PSI: 400 Millionen für Forschung im Aargau

 

Der Kanton pflegt laut Regierungssprecher Peter Buri jedoch «in diversen Bereichen partnerschaftliche Beziehungen zum PSI und unterstützt dieses punktuell bei der Realisierung von Projekten und Vorhaben, die für den Standortkanton Aargau von Bedeutung und Nutzen sind».

Sicherheit von Forschungsergebnissen ist Sache des PSI

Dass nun Forschungsergebnisse nach China gelangt sein sollen, die mit Millionen-Unterstützung des Kantons erzielt wurden, kommentiert Buri nicht direkt. Sicherheitsfragen zum Know-How-Transfer und Massnahmen gegen Werks-, Wissenschafts- oder Forschungsspionage seien Sache des PSI, beziehungsweise der ETH und des Bundes.

Die Regierung geht laut Buri davon aus, dass die Verantwortlichen «die nötigen Sicherheits- und Schutzmassnahmen getroffen haben». Sollten sich diese als ungenügend erweisen, rechnet der Regierungsrat damit, dass das PSI, die ETH oder der Bund «entsprechende Konsequenzen ziehen werden».