«Von Andreas Glarner kriegt man nicht mal eine Rückmeldung»: Badener Politiker kontert «Weichspüler»-Vorwurf

Herr Glanzmann, fühlen Sie sich von Andreas Glarner angegriffen?

Ja, das kann man so sagen. Die Badener SVP ist nicht als Hardlinerfraktion bekannt. Wenn er nun sagt, dass einige Ortsparteien einen Weichspülerkurs fahren, meint er sicher auch uns.

Wenn Sie sich angesprochen fühlen: Hat er also ein wenig recht mit seiner Aussage?

(lacht). Nein, hat er nicht. Man kann uns sicher nicht mit der SVP Holziken vergleichen, die klar weiter rechts als wir politisiert. Aber innerhalb der Stadt Baden stehen wir definitiv mit Abstand am weitesten rechts.

Ist das wirklich so? Vor zwei Jahren zum Beispiel stimmte die SVP völlig überraschend einer Steuererhöhung zu.

Unsere Haltung von damals ist schwierig zu erklären, aber ich stehe noch immer voll dahinter. Wir sind als einzige Partei konsequent. Diverse viel zu teure Kredite haben wir immer bekämpft, etwa bei den Schulbauten. Jetzt haben wir in Baden einen unerträglich hohen Schuldenberg. Unsere Haltung ist: Wenn eine Stadt so viel Geld ausgeben will, darf sie die Schulden nicht der nächsten Generation überlassen.

Andreas Glarner sagt, das Motto müsse lauten: Hart arbeiten und unbequem sein. Trifft das auf die Badener SVP zu?

Ich glaube schon. Bei Abstimmungen im Einwohnerrat sind wir oft die Einzigen, die heikle Punkte ansprechen. Wir sind unbequem, aber anständig. Fakt ist: Wir haben in urbanen Gegenden ganz andere Probleme, als die, welche kantonale und vor allem schweizerische SVP beschäftigen. Für die Städter gehören Zuwanderung und Ausländer nicht zu den grössten Sorgen. Für Herrn Glarner sind dies hingegen die wichtigsten Themen.

Finden Sie, Andreas Glarner ist ein guter Parteipräsident?

Wir fühlen uns von ihm nicht gut vertreten. Er thematisiert unsere Sorgen und Probleme in den Städten nicht. Er reduziert jede Thematik auf Zuwanderung und Ausländer. Damit können wir in Baden nicht arbeiten. Ich bin überhaupt kein Fan von der SP, aber wenn man sich die Strategie ansieht, fällt auf: Die SP Schweiz gibt Themen vor, danach werden generalstabsmässig Vorstösse organisiert, die dann in den Stadtparlamenten eingereicht werden. Wenn man sich als Ortspartei bei Herrn Glarner meldet betreffend eine Strategie, kriegt man nicht mal eine Rückmeldung.

Haben Sie sich bei ihm gemeldet?

Ja klar. Wir sind zusammengesessen.

Worum ging es?

Wir haben mit ihm über das Problem geredet, dass es in urbanen Gemeinden oder Städten leider gibt: Wir sind auf der Suche nach einer Lösung, wie wir als städtische SVP neue Mitglieder finden können. Eine konkrete Strategie konnte er leider auch nicht nennen. Ein Problem ist zudem: Er vertritt meiner Meinung nach ein Image, insbesondere auf Facebook, das bei einer breiten Bevölkerung nicht gut ankommt. Und wegen dieses Images, das speziell die SVP Aargau hat, finden wir in Baden fast keine neuen Mitglieder. Und dann macht er uns den Vorwurf, wir müssten mehr Knochenarbeit machen. Das ist halt schwierig ohne Basis.

Warum hat es denn die SVP in Städten wie Baden so schwer?

Das hat nichts mit Baden allein zu tun. Schauen Sie in die Stadt Zürich: Dort sind die SVP und FDP im Stadtparlament zusammengenommen fast irrelevant. Sie könnten im Prinzip zu Hause bleiben. In Baden können wir mit Gesprächen immerhin noch gewisse Kurskorrekturen vornehmen und manchmal Mehrheiten schaffen. Das gelingt aber nicht, wenn man einen harten Kurs fährt und alle vor den Kopf stösst. Mit Opposition könnten wir in Baden nichts erreichen.

Ihre Ziele für die Wahlen im Herbst?

Wir wollen die 6 Sitze im Einwohnerrat behalten.

Hat die SVP in Baden noch eine Zukunft?

Ich hoffe es, bin aber im Moment sehr pessimistisch. Wegen des hohen Altersdurchschnitts der Mitglieder und der genannten Probleme, neue Leute zu finden, schwinden wir ständig.

Wie lange wird ihre Partei im Einwohnerrat in Baden noch vertreten sein?

Das hängt auch von Trends ab. Wenn es dramatische Veränderungen gibt, wenn sich zum Beispiel Corona auf den Wohlstand auswirkt und Existenzängste aufkommen, ist es vielleicht plötzlich wieder sexy, in einer bürgerlichen Partei zu sein. Aber wenn der Wohlstand weiter hoch bleibt und wir weiterhin mit dem «Glarner-Image» zu kämpfen haben, ist es langfristig schwierig, eine Fraktion aufrechtzuerhalten.