Sprengkörper-Funde: 42-Jähriger legt nach Verhaftung ein Geständnis ab – weshalb die Serie plötzlich stoppte

Die Kantonspolizei hat am Freitagnachmittag im Fall um die Klingnauer Sprengkörper einen Mann festgenommen. Es handelt sich um einen 42-jährigen Schweizer. Er ist geständig und hat zugegeben, mehrere Sprengkörper hergestellt und sie im Februar und März nachts in Klingnau gezündet zu haben. 

„Wir sind ihm dank wertvollen Hinweisen aus der Bevölkerung und eigenen Ermittlungen auf die Spur gekommen“, sagt Bernhard Graser, Sprecher der Kantonspolizei. Genauer äussert er sich dazu nicht. Die Ermittler hätten den Mann bereits im Visier gehabt, bevor ein Mann aus der Region ein Kopfgeld von 1000 Franken für den entscheidenden Hinweis versprochen hatte. Recherchen der AZ zeigen, dass die Polizei mehrere Personen in Klingnau überprüft, teilweise gar direkt angesprochen hat. „Die Laborergebnisse zu den gefundenen Sprengkörpern und Rückständen liegen noch nicht vor“, sagt Graser. Sie werden im Rahmen der Beweisführung zur Überprüfung der Aussagen des 42-Jährigen verwendet.

Motiv: Interesse an Pyrotechnik

Am Freitag haben Einsatzkräfte nach der Verhaftung des Mannes seine Wohnung samt des dazugehörigen Kellerabteil durchsucht. Dabei standen, wie schon bei den Funden der letzten Woche, Zürcher Forensiker im Einsatz. Bei der Einvernahme gab der Mann dann zu, mehrere Sprengkörper hergestellt und solche in Klingnau gezündet zu haben. „Er hat ausgesagt, die Inhaltsstoffe im Internet bestellt zu haben“, so Graser.

Als Motiv gab der 42-Jährige zu Protokoll, nur aus Interesse an der Pyrotechnik und ohne böse Absicht gehandelt zu haben. „Er sagte aus, dass er niemandem habe schaden wollen.“ Er habe auch keine weiteren Detonationen geplant gehabt. In Klingnau dürften nun keine weiteren Sprengkörper für Gefahr sorgen. „Es gibt keine Hinweise darauf, dass weitere Objekte herumliegen in der Umgebung. Wir sollten alles gefunden haben“, sagt Graser. Die Verunsicherung in der Bevölkerung dürfte sich damit wieder legen. 

Die Ermittler werden die ersten Aussagen des Beschuldigten bei weiteren Einvernahmen vertiefen und auswerten. Der Mann ist schon am Freitag von der Kantonspolizei wieder auf freien Fuss gesetzt worden. Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach eröffnete eine Strafuntersuchung nach Artikel 225 des Strafgesetzbuches („Gefährdung ohne verbrecherische Absicht. Fahrlässige Gefährdung“). Die Bundesanwaltschaft wird das Verfahren weiterführen. Der Strafrahmen reicht von einer Busse bei leichten Fällen bis zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren bei schweren Fällen. 

„Es wurde ihm zu heiss“

Bewohner berichteten der AZ und auf Facebook von neun Knallen in sieben Nächten vom 25. Februar bis zum 22. März. Die lauten Knalle schreckten die Bevölkerung auf. „Es klang wie eine Explosion“, sagte eine Anwohnerin damals. Mehrere Knalle waren sogar in den benachbarten Ortschaften Kleindöttingen und Gippingen auf der anderen Seite des Klingnauer Stausees zu hören. Doch wieso stoppte die Serie plötzlich? „Dem Mann wurde es aufgrund der Medienberichte und der Reaktionen aus der Bevölkerung zu heiss“, sagt Graser. Er habe daraufhin zwei Sprengkörper entsorgt. Ein weiterer der gefundenen Sprengkörper sei nicht detoniert.

Über zehn Wochen nach dem letzten Knall in der Nacht auf Samstag, 14. März, kam der Fall durch den Fund eines Sprengkörpers in den Reben wieder ins Rollen. Eine Privatperson brachte diesen auf den Polizeiposten, was einen Grosseinsatz der Polizei auslöste. Danach meldete sich eine andere Person, der schon vor mehreren Wochen ein weiterer Sprengkörper im Achenbergbach aufgefallen war, ohne dass sie einen solchen Hintergrund vermutet hatte. 

 

Letzte Woche stellte die Polizei drei Sprengkörper sicher. Bei einem vierten Fund in einem Garten, der in einer Entfernung von 1 bis 1,5 Kilometern der anderen Sprengkörper lag, handelt es sich allerdings um einen Überrest einer handelsüblichen Feuerwerksrakete. „Das ist eindeutig. Damit hat der Beschuldigte nichts zu tun“, sagt Graser.

Hier beim Post-Briefkasten und den Parkplätzen haben die Polizisten den Mann angehalten und in Handschellen gelegt.

Hier beim Post-Briefkasten und den Parkplätzen haben die Polizisten den Mann angehalten und in Handschellen gelegt.

© Philipp Zimmermann

Anwohnerin beobachtet Verhaftung

Die Verhaftung des 42-Jährigen hat eine Augenzeugin mitbekommen. „Hier haben zwei Polizisten in Zivil dem Mann Handschellen angelegt“, erzählt sie AZ und zeigt auf die Einmündung des Schwändiwegs in die Flüestrasse. Der Mann habe keinen Widerstand geleistet. Es kam ihr vor, als hätten die Beamten ihn hier erwartet. Nur wenige Meter vom Ort der Festnahme befindet sich der Fundort des zweiten Sprengkörpers im Achenbergbach. Die Augenzeugin beschreibt den Mann, den sie vom Sehen kannte, als freundlich. Für sie habe nichts darauf hingedeutet, dass er etwas mit den Sprengstoff-Knallen zu tun haben könnte.