
Markus Dieth über die AKB: «Warum sollte der Kanton auf jährlich 90 bis 100 Millionen verzichten wollen?»
Herr Landammann, am 3. März befasst sich der Grosse Rat mit der Zukunft der AKB. Eine knappe Mehrheit der vorberatenden Kommission will die Bank zu einer AG machen. Warum wehrt sich die Regierung? Die Kantonsspitäler sind ja auch AGs.
Markus Dieth: Die Kantonsspitäler sind gemeinnützige Aktiengesellschaften und sind deshalb von der Steuerpflicht befreit. Würde die AKB in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, würde sie normal steuerpflichtig wie andere Aktiengesellschaften auch.
Kann man die Folgen in Franken ausdrücken?
Der Kanton würde weniger Gewinnausschüttungen erhalten, weil die Bank als Aktiengesellschaft jährlich rund 12 Millionen Franken direkte Bundessteuer an den Bund bezahlen müsste. Es macht im Fall der AKB wirklich keinen Sinn, nur die Rechtsform zu ändern und an den Besitzverhältnissen nichts zu ändern.
Warum dies?
Keine einzige der neun Kantonalbanken, die als Aktiengesellschaften ausgestaltet sind, haben nur den Kanton als Eigentümer. Sie alle haben weitere Eigentümer. Der Grosse Rat muss also in der Diskussion um die Rechtsform der AKB ehrlich sein und seine Ziele offenlegen: Geht es den Antragstellern nicht doch letztendlich um den Verkauf der AKB? Wenn dem so ist, dann wäre nur ein Totalverkauf sinnvoll.
Aber man könnte doch auch nur einen Teil verkaufen.
Man sollte ehrlich und konsequent sein. Alle Zwischenlösungen, bei denen der Kanton Haupteigentümer bleibt, sind kostspielig für den Kanton, die Bank und letzten Endes auch die Bevölkerung. Zudem senkt die blosse Rechtsformumwandlung in keiner Weise das Risiko für den Kanton. Das hat der Regierungsrat in seiner Botschaft an den Grossen Rat auch ganz transparent aufgezeigt. Er spricht sich deshalb für den Status quo aus. Ansonsten erachtet er nur den konsequenten Totalverkauf als alternative Lösung.
Warum kein Totalverkauf? Der brächte über 2 Milliarden Franken ein.
Die AKB ist die Beteiligung des Kantons, die ihm mit Abstand am meisten Erträge bringt. In den letzten Jahren schüttete sie dem Kanton jährlich rund 90 bis 100 Millionen Franken aus. In den letzten 10 Jahren beispielsweise betrugen die Ausschüttungen zugunsten des Kantons zusammengezählt 737 Millionen Franken. Warum sollte der Kanton auf diese hohen jährlichen Erträge verzichten wollen? Das macht keinen Sinn. Die im Raum stehenden Anträge sind für den Regierungsrat nicht nachvollziehbar.
Eine knappe Kommissionsmehrheit will auch die Staatsgarantie für die AKB kappen. Dies wohl auch, weil in den letzten Jahrzehnten mehrere Kantone massiv Geld für ihre Kantonalbank aufbringen mussten, etwa Solothurn.
Fälle wie die Solothurner Kantonalbank, die untergegangen ist, oder wie die Berner Kantonalbank, die vom Kanton finanziell unterstützt werden musste, haben sich unter ganz anderen Rahmenbedingungen zugetragen. Die Aufsicht durch den Regulator, heute die FINMA, ist heute viel stärker und engmaschiger als damals. Die AKB untersteht heute den genau gleichen Regelungen wie jede andere Bank auch. Die Corporate Governance ist heute deutlich besser als damals.
Könnte die AKB denn einen massiven Einbruch auf dem Häusermarkt, wie es ihn in den Neunzigerjahren gab, verkraften?
Die AKB ist so gut kapitalisiert wie noch nie. Sie verfügt über Eigenmittel in Höhe von 2,4 Milliarden Franken. Den offenen Krediten von 23 Milliarden Franken stehen Deckungswerte von über 40 Milliarden Franken gegenüber. Ein plötzlicher Untergang, wie es beispielsweise mit der Solothurner Kantonalbank geschah, ist heute kaum mehr denkbar.
Drei andere Kantonalbanken haben keine Staatsgarantie.
Ja, die Kantone Bern, Genf und Waadt. Die Waadtländer Kantonalbank hatte noch nie eine Staatsgarantie, sie war von jeher eine AG. Trotzdem musste der Kanton sie als Eigentümer retten.
Bern und Genf hatten aber eine solche.
In den Kantonen Bern und Genf wurde die Staatsgarantie nach einer Krisensituation abgeschafft. Bei allen anderen Kantonalbanken, auch bei jenen, die als Aktiengesellschaft organisiert sind, besteht die Staatsgarantie immer noch. Offenbar ist die Beurteilung in all diesen Kantonen dieselbe wie dies der Aargauer Regierungsrat vorgenommen hat: Eine blosse Abschaffung der Staatsgarantie ist nicht zweckmässig.
Aber der Kanton wäre doch aus dem Schneider, falls die Bank dereinst ohne Staatsgarantie doch mal in Schieflage geraten sollte?
Wenn der Kanton alleiniger Eigentümer oder auch nur Mehrheitseigentümer der Bank bleibt, ist kaum eine wirtschaftliche und politische Konstellation denkbar, in welcher er die in Not geratene Bank nicht retten würde. In unserer Verfassung steht, dass der Kanton eine Bank führt. Ohne Verfassungsänderung kann er sich also gar nicht aus der Verantwortung ziehen. Dies müssen sich auch die Antragssteller bewusst sein.
Profitiert eine Kantonalbank heute wirklich noch von der Staatsgarantie? Andere, ebenso gewichtige Banken haben ja auch keine.
Die Aargauerinnen und Aargauer, bzw. die Kundinnen und Kunden der AKB, können von einer stabilen Bankbeziehung profitieren. Sie können Vertrauen haben in ihre AKB. Das haben sie zu Recht, wie die Mittelzuflüsse bei den Kantonalbanken im Nachgang zur letzten Finanzkrise gezeigt haben.
Die Staatsgarantie ist ja auch nicht gratis.
Die AKB bezahlt dem Kanton dafür jährlich mehr als 10 Millionen Franken. Das ist eine faire Entschädigung. Würde die Staatsgarantie abgeschafft und bleibt der Kanton weiterhin Eigentümer der AKB, erhält er für das Risiko einfach keine Entschädigung mehr. Das kann nicht im Interesse des Kantons sein.
Kann der Kanton das Staatsgarantierisiko wirklich tragen? In mehreren Kantonen wurde dies in der Vergangenheit richtig teuer.
Zuerst sei noch einmal erwähnt, dass die AKB Eigenmittel von 2,4 Milliarden Franken hat. Den offenen Krediten von 23 Milliarden Franken stehen zudem Deckungswerte von über 40 Milliarden Franken gegenüber. Es müsste also eine sehr schlimme, plötzliche Katastrophensituation eintreffen, so dass die AKB sich nicht mehr mit eigenen Mitteln helfen könnte. Dieses Szenario ist sehr unwahrscheinlich.
Wie unwahrscheinlich?
Es müsste sich eine deutlich schlimmere Immobilienkrise ereignen, als es beim Untergang der Solothurner Kantonalbank in den Neunzigerjahren beispielsweise der Fall war. Eine schleichende Verschlechterung der Situation ist das viel wahrscheinlichere Szenario. Genau darum ist es so wichtig, dass die AKB gut geführt ist, dass die Risikopolitik stimmt und die Strategie regelmässig überprüft wird. In den Augen des Regierungsrats trifft dies für die AKB zu. Zudem schaut die FINMA heute viel genauer hin und greift bei den Banken heute viel früher ein und verlangt Korrekturen. Die AKB ist kein Risikofall. Wir sollten die AKB nicht ohne Not destabilisieren.
Wenn der Kanton die Bank letztlich verkaufen würde, brächte ihm das weit über 2 Milliarden Franken. Damit könnte man viel machen.
In seiner Botschaft hat der Regierungsrat aufgezeigt, dass nach 14 Jahren der Status quo dem Kanton höhere Gesamterträge einbringen würde als ein Vollverkauf mit seinem Einmalertrag. Das ist eine relativ kurze Zeit, wenn man bedenkt, dass es die AKB schon seit mehr als hundert Jahren gibt. Es ist finanziell nachhaltiger, die AKB beizubehalten wie sie ist.
Mehrere Grossräte arbeiten oder arbeiteten für eine Konkurrenzbank der AKB. Sollen sie bei der Abstimmung in den Ausstand treten?
Es bestehen Ausstandsregelungen für die Mitglieder des Grossen Rats. Jedes Mitglied ist selber dafür verantwortlich, ob und wie es diese beachtet. Das Ratspräsidium sorgt für die korrekte Anwendung.