
Wohin mit den Hirschthalern Mountain Bikern?
Von Reinach kommen sie, von Aarau und gelegentlich sogar von irgendwo in der Schweiz: die Mountain Biker, die den Böhler hinab nach Hirschthal fahren. Denn was dort einmal ein einfacher Fussweg war, hat sich über die vergangenen 20 Jahre ganz langsam in eine anspruchsvolle Bike-Strecke verwandelt: Steilwände und Sprünge sind entstanden, enge Serpentinen wechseln sich mit technischen Wurzelpassagen ab, kleine Hindernisse mit grösseren. Da gibt es nur ein Problem: Das alles ist illegal gebaut worden.
Nun zieht die Gemeinde die Reissleine. Auslöser sind vier Unfälle, wegen denen in drei Jahren ein Rega-Helikopter und drei Ambulanzen nach Hirschthal ausgerückt sind. Durch die Unfälle aufmerksam geworden, hat der Kanton die Gemeinde Hirschthal darauf hingewiesen, dass sie als Waldeigentümerin für Unfälle auf dieser Strecke haftbar gemacht werden kann. «Insbesondere, wenn sie Bauten wie Schanzen toleriert», sagt Gemeindeammann Peter Stadler. «Dieses Risiko wollen wir natürlich nicht eingehen.» Deshalb hat die Gemeinde im Wald Schilder aufgestellt, mit denen sie die Erbauer der Strecke darum gebeten hat, sich zu melden. Doch eine Kontaktaufnahme blieb aus.
Da blieb der Gemeinde nichts anderes übrig, als zur Tat zu schreiten: In den vergangenen Tagen hat der Forstbetrieb alle künstlich erstellten Hindernisse abgebrochen und mit Gehölz blockiert. Ein Teil der Massnahmen wurde Ende September im «Wynentaler Blatt» angekündigt. «Die Gemeinde, der Forstbetrieb und die Jäger waren bisher äusserst tolerant und liessen die Biker gewähren. Immer häufiger gibt dieser Weg jedoch Anlass zu Diskussionen», sagte Förster Urs Gsell der Zeitung. Er führt von einer Grillstelle oben auf dem Böhler über zweieinhalb Kilometer und 180 Höhenmeter runter nach Hirschthal, bis er oberhalb des Friedhofs endet. Aktuell ist ein Grossteil des Wegs ohnehin gesperrt, nach dem Abbruch erledigt der Forst an derselben Stelle Waldarbeiten.
«Der Gemeinderat hat überhaupt nichts gegen das Biken. Wir haben alle auch ein Bike und sind selber gerne in den Hügeln unterwegs.» Leider sei es an der Strecke am Böhler auch zur Beschädigung des Waldbestandes gekommen und jüngst wurde sogar ein Grenzstein ausgegraben. «Diesen wird die Gemeinde natürlich wieder setzen müssen, was mit recht hohen Kosten verbunden ist.» Auch der Rückbau ist nicht nur für die betroffenen Biker unangenehm. «Für die Gemeinde sind das hohe Kosten, die der Steuerzahler tragen muss», so Stadler.
Auch Biker kritisieren die Bauerei am Böhler
Wer die Schäden angerichtet hat, ist nicht klar. Da gibt es etwa eine kleine Gruppe von Mittzwanzigern und dann sind da noch ein paar junge Teenager aus Schöftland, die sich bisher gerne zum Reparieren von Schäden oder dem Bauen neuer Hindernisse getroffen haben. Und hie und da steigen auch mal ein paar Aarauer mit der Schaufel ins Auto. Nicht jeder geht dabei rücksichtslos vor. Manche bedecken offen gelegte Wurzeln wieder mit Erde, respektieren den Wald. Wer zu weit geht, macht sich auch in der Szene unbeliebt. Einer sagt: «Ich fahre diese Strecke schon bald 20 Jahre und es kommt immer wieder vor, dass ein paar Jungs mit der Kettensäge zu Werke gehen. Das führt natürlich zu Ärger.» Noch im Vorfeld des Rückbaus rieten einige Biker den Erbauern, dem Wald mehr Sorge zu tragen.
Der Gemeinderat ist denn auch nicht nachtragend. «Wir würden uns gerne weiterhin mit den Bikern zusammensetzen und mit ihnen vereinbaren, wo sie durchfahren dürfen», sagt Peter Stalder. Denn natürlich unterstütze die Gemeinde die Freizeitgestaltung, nur gelte es im Wald eben einiges zu beachten. Unmut löst das Verhalten einiger Streckenbauer hingegen bei Edi Roth aus. Der Präsident des Rennclub Gränichen sagt: «Die Gruppen am Böhler arbeiten momentan bewusst oder unbewusst gegen die Interessen vieler Waldbenützer.»
Rennclub Gränichen befürchtet Image-Schaden
Roth ist gerade darum bemüht, die zeitlich befristete Bewilligung für den Bikelehrpfad in Gränichen erneuert zu bekommen. «Seit etwas mehr als einem Jahr hat die Strecke eine provisorische Nutzungsbewilligung», erklärt er. Die Vorkommnisse am Böhler kommen ihm ungelegen, denn das Verhalten einiger weniger färbt schnell auch auf alle andern ab. Sein Verein hat vorgemacht, wie es gehen würde: Gut zehn Jahre lang hat er mit Interessenvertretern Gespräche geführt, bis er seinen Bikelehrpfad bauen durfte. «Eine Strecke aufzubauen und zu unterhalten ist eine sehr schwierige Angelegenheit, die viel Geduld braucht.» Und das Überleben seiner Strecke ist wichtig, denn hier üben kleine Kinder direkt neben dem Nachwuchs und einigen der Besten der Welt. Sie ist Trainingsstützpunkt von Swiss Cycling und gilt als erfolgreiche Talentschmiede im Land.
Mit der Bewilligung für den Lehrpfad soll es weitergehen, wenn eine neu gegründete Arbeitsgruppe des kantonalen Amts für Wald ihre Ergebnisse vorlegt. Sie untersucht zurzeit eigens die Bedürfnisse von Bikern im Raum Gränichen. «Der RC Gränichen ist in die Gruppe integriert und zuversichtlich, eine Bewilligung zu bekommen», schliesst Roth.