Drei hängige Initiativen: Schon bald wird wieder das Aargauer Volk gefragt

Grünen-Nationalrätin Irène Kälin und SP-Präsidentin Gabriela Suter bei der Einreichung der Gegensteuer-Initiative vor dem Regierungsrats-Gebäude in Aarau am 12. April 2019. (Colin Frei)
Grünen-Nationalrätin Irène Kälin und SP-Präsidentin Gabriela Suter bei der Einreichung der Gegensteuer-Initiative vor dem Regierungsrats-Gebäude in Aarau am 12. April 2019. (Colin Frei)
Vorstellung von «Klimaschutz braucht Initiative» im April. Das Komitee setzt sich aus Politikern von SP und Grünen und Vertretern der Baubranche. (Alex Spichale)
Vorstellung von «Klimaschutz braucht Initiative» im April. Das Komitee setzt sich aus Politikern von SP und Grünen und Vertretern der Baubranche. (Alex Spichale)

Letzte Woche, am 26. September, gab es im Aargau ein Jubiläum zu feiern: Vor 150 Jahren hatten die Stimmbürger der Einführung des obligatorischen Referendums im Kanton zugestimmt. Es handelte sich dabei um die zweite Volksinitiative, die auf Kantonsebene zur Abstimmung kam.

Die erste, sieben Jahre zuvor, drehte sich um die Revision der Judengesetzgebung. Die Aargauer stimmten am 11. November 1862 darüber ab, die Stimmbeteiligung betrug 84 Prozent und die Initiative wurde mit einer überwältigenden Mehrheit von rund 29’000 zur 5613 Stimmen angenommen.

Inzwischen ist die Volksinitiative ein relativ häufig genutztes Instrument. Seit 1862 haben die Aargauer 113-mal über ein kantonales Volksbegehren abgestimmt (77-mal auch die Aargauerinnen, nach der Einführung des Frauenstimmrechts). Zuletzt ist im Aargau am 25. November 2018 die Waldinitiative verworfen worden.

Amtsenthebungsinitiative der BDP ist auf Kurs

Derzeit läuft zwar kein Abstimmungskampf für eine kantonale Volksinitiative. Das wird sich aber bald ändern, denn drei Volksbegehren sind hängig: Die Gegensteuer-Initiative von SP, Grünen und Gewerkschaften wurde vor fünf Monaten eingereicht, für zwei weitere Initiativen werden seit Frühling Unterschriften gesammelt.

Die Initianten haben jetzt noch ein halbes Jahr Zeit, insgesamt mindestens 3000 Aargauerinnen und Aargauer von ihrem Anliegen zu überzeugen und die beglaubigten Unterschriften einzureichen.

Die BDP hat ihre Initiative «Zur Schaffung der Möglichkeit der Amtsenthebung» (Amtsenthebungsinitiative) am 29. März gestartet, noch sind die Unterschriften nicht beisammen.

Laut Nationalrat Bernhard Guhl sind es derzeit 1250, «es sind aber sicherlich noch ausgefüllte Bögen bei Mitgliedern». Man habe indes bereits mit der Beglaubigung angefangen, sagt Guhl: «Wir wollen das nicht aufschieben und dann ein blaues Wunder erleben.»

500 Unterschriften seien demnach bereits beglaubigt, die Ungültigkeitsrate betrage ungefähr 3 Prozent, was laut Guhl ein tiefer Wert ist. Der BDP-Nationalrat beschreibt das Echo zur Initiative auf der Strasse als meistens positiv.

Schade sei, dass es Leute gebe, die nur deshalb nicht unterschreiben, weil die Initiative von der BDP stamme. «Dabei geht es uns um die Sache – es gibt eine Gesetzeslücke, die es zu stopfen gilt», sagt er.

Die Initiative will die Möglichkeit schaffen, einen Regierungsrat oder ein anderes Behördenmitglied des Amtes zu entheben. Als die BDP die Initiative im Frühling lanciert hatte, brodelte es zwischen Regierungsrätin Franziska Roth und Teilen des Grossen Rats.

BDP-Präsident Roland Basler verneint aber einen Zusammenhang: «Wir hatten nie die Absicht, ein Instrument zu schaffen, um Franziska Roth des Amtes zu entheben. Wir hatten die Idee dazu, weil in Genf der Fall Maudet aktuell war.» Die Initiative will im Aargau ein Amtsenthebungsverfahren ermöglichen.

Dies im Fall, dass jemand straffällig geworden und rechtskräftig verurteilt worden ist, vorsätzlich oder grobfahrlässig Amtspflichten schwer verletzt oder aber die Fähigkeit auf Dauer verloren hat, das Amt weiter auszuüben.

«Frau Roth hat sich keinem dieser Punkte schuldig gemacht», so Basler. Roth trat schliesslich im Juni aus der Regierung zurück. Dass die BPD-Initiative deshalb heute als überflüssig empfunden werden könnte , glaubt Basler nicht.

Klimaschutzinitiative wird breit unterstützt

Weiter als die BDP ist das Komitee von «Klimaschutz braucht Initiative». Es hat am 12. April mit der Sammlung begonnen und bereits die Hälfte der nötigen Unterschriften beisammen, sagt Komitee-Mitglied und Grünen-Grossrat Robert Obrist.

Man habe erst nach den Sommerferien richtig mit der Sammlung angefangen, «wir verbinden das mit dem Wahlkampf».

Die kantonale Klimaschutz-Initiative fordert, dass der Aargau mehr Geld für energetische Häusersanierungen bereitstellt. Das Komitee ist breit, neben SP und Grünen sind auch Vorstandsmitglieder von Verbänden aus der Baubranche mit im Boot.

Die breite Abstützung spüre er beim Sammeln, sagt Robert Obrist. «Klimaschutz bewegt die Menschen, sie sind der Meinung, dass dies eine Aufgabe des Staats ist.» Er habe auch schon SVP-Wähler überzeugen können.

Mit 3043 gültigen Unterschriften wurde im Frühling die Gegensteuer-Initiative eingereicht. Der Regierungsrat hat Ende Mai die Gültigkeit des Volksbegehrens bestätigt. Derzeit wird es für die Behandlung im Grossen Rat vorbereitet.

Die Initiative verlangt, dass Aargauerinnen und Aargauer mit einem steuerbaren Einkommen von über 100’000 Franken künftig mehr Steuern bezahlen sollen. Davon wären laut Initianten knapp 15 Prozent der Bevölkerung betroffen.

Mit den zusätzlichen Einnahmen sollen Steuersenkungen vergangener Jahre ausgeglichen werden, sodass Leistungen und Investitionen weiterhin bezahlbar bleiben. Dies, ohne dass finanziell schlechter Gestellte dafür tiefer in die Tasche greifen müssten. Das Komitee setzt sich zusammen aus SP und Grünen sowie Gewerkschaften.