
Immer mehr jüngere Aargauer Covid-Patienten landen im Spital
Die Pandemie entwickelt sich im Aargau im Moment rasant. 288 neue Fälle wurden am Donnerstag gemeldet. Vor einer Woche waren es noch 199 und vor zwei 84 gewesen.
Insbesondere Ferienrückkehrer würden im Moment die Zahlen nach oben treiben, sagte Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati Anfang Woche. Es wäre also möglich, dass sich die Lage zumindest an dieser Front etwas entspannen wird, sobald die Ferien etwas weiter zurückliegen.
Sicher ist man sich bei dieser Prognose allerdings nicht. Sollten die Zahlen weiterhin im selben Tempo steigen, dürften schon bald neue Massnahmen angekündigt werden. Denn nicht nur die Neuansteckungen steigen, sondern auch Spitaleintritte gibt es immer mehr. Zwar nach wie vor auf tiefem Niveau, doch der Trend zeigt nach oben. Zehn Aargauer Covid-Patienten mussten am Donnerstag beatmet werden. Vor einer Woche waren es noch sieben, vor zwei Wochen vier gewesen.
Immer mehr jüngere Menschen im Spital
Die Patientinnen und Patienten unterscheiden sich von denen aus der ersten oder zweiten Welle. Beim Kantonsspital Baden heisst es auf Anfrage: «Die Patienten sind deutlich jünger.»

Christoph Fux, Chefarzt Infektiologie und Spitalhygiene am KSA.
Und auch beim Kantonsspital Aarau stellt man fest, dass immer mehr jüngere Menschen im Spital landen. Hauptsächlich betroffen seien momentan Personen zwischen 50 und 60. «Diese werden zwar seltener stark krank, da es aber viele Erkrankte sind, reicht die Zahl dennoch, dass sie das Gesundheitssystem belasten», sagt der Chef Infektiologie Christoph Fux.
Der Grund: Bei den älteren Bevölkerungsgruppen ist die Impfquote höher. Von allen eingelieferten Covid-Patienten sind schweizweit nur zwei Prozent geimpft. Das sei bemerkenswert, so Fux: «Der Schutz der Impfung ist also nach wie vor gut.»
Ausserdem würden sich viele Ferienrückkehrer aktuell im Spital befinden, sagt ein Sprecher des KSB.
14 Beatmungsplätze sind aktuell im Kanton noch frei. Diese Zahl kann sich aber schnell ändern, je nachdem wie viele Nicht-Corona-Patienten auf Intensivpflegeplätze angewiesen sind.
Drohen strengere Massnahmen?
Anfang Woche machte der Aargau transparent, nach welchen Kriterien man es in Betracht ziehe, die Massnahmen zu verschärfen. Nämlich wenn 95 Prozent der Beatmungsplätze belegt wären (das sind umgerechnet zwei bis drei freie Betten), wenn Covid-Patienten rund 40 Prozent der Beatmungsplätze belegen (das wäre in etwa ab 20 der Fall) und wenn die Spitäler erste Eingriffe verschieben müssten.
Soweit ist man im Moment noch nicht. Weder in Aarau noch in Baden mussten Eingriffe verschoben werden. Prognosen wagt man allerdings keine. So heisst es von Seiten des KSB: «Die Auslastung war sehr hoch. Wir hoffen, dass wir unser Eskalationsstufenmodell nicht aktivieren müssen. Dies hängt von der weiteren Entwicklung ab, die wir laufend analysieren.»
Trotz hoher Belastung: Fluktuationsrate ist im Aargau tief
Im Spital Männedorf im Kanton Zürich macht man sich Sorgen, ob man die anrauschende Welle wird stemmen können. Denn nach den ersten beiden Wellen hätten mehrere Mitarbeitende das Spital verlassen, sagte Chefarzt Sven Staender zum Onlineportal Watson.
Zumindest diese Probleme habe man im Moment weder in Aarau noch in Baden, heisst es auf Anfrage. An beiden Orten sei die Fluktuationsrate tief – trotz aussergewöhnlicher Einsatzbereitschaft der Mitarbeitenden. Allerdings stelle man auch fest, dass manche Pflegende den Beruf wegen Überbelastung komplett verlassen, sagt eine Sprecherin des KSA: «Die aktuell erneut zunehmenden Hospitalisierungen von Covid-Patienten tragen zu einer weiteren Verschärfung der Thematik bei. Die Mitarbeitenden sorgen sich angesichts der 4. Welle.»
Viel mehr tun als sich zu wappnen, können die Spitäler allerdings nicht. Denn die Beatmungsplätze können nur begrenzt ausgebaut werden. Steigen die Fallzahlen exponentiell, wird man dies irgendwann nicht mehr kompensieren können.
Spitäler hoffen auf mehr Impfwillige
Man ahne zwar, was auf einen zukomme und sei entsprechend gewappnet, sagt ein Sprecher des KSB. Allerdings: «Es handelt sich um ein Déjà-Vu-Erlebnis, auf das wir alle gerne verzichten würden.»
So ist der Tenor dann sowohl beim KSA als auch beim KSB derselbe: Man hofft, dass sich jetzt möglichst rasch noch möglichst viele Menschen impfen lassen. Im Moment liegt die Impfquote im Aargau bei etwa 54 Prozent. Chef Infektiologie am KSA Fux: «50 Prozent der Bevölkerung sind ungeimpft. Stecken sich davon in kurzer Zeit zu viele Leute an, droht wieder eine Überlastung, sodass einschneidende Massnahmen beschlossen werden müssen. Das wollen und können wir noch verhindern.»
Denn am Ende werde es nur zwei Wege geben: Entweder man lasse sich impfen. Oder aber man stecke sich an.