
Nach Zürcher Ausbauplänen – kämpft der Aargau genug für seine eigenen Rehakliniken?
Das Gesundheitswesen stellt einen immer grösseren Kostenfaktor dar. Der gewichtigste Player darin sind die Spitäler. Die SVP-Fraktion des Grossen Rates hat klare Vorstellungen entwickelt, wie es weitergehen soll, um die Kostensteigerung zu dämpfen. Dies geht aus einem ganz neuen Positionspapier zur kantonalen Spitalpolitik hervor.
Ziel ist laut dem gesundheitspolitischen SVP-Sprecher Clemens Hochreuter die Forderung, dass die Ausgaben im Gesundheitswesen nicht mehr stärker wachsen dürfen als die Wirtschaft, ohne dass Qualität und Leistung leiden. «Die Prämienlast wird immer grösser und die Bevölkerung erwartet, dass die Politik endlich Gegensteuer gibt» stellt Hochreuter fest.
Wie will die SVP das erreichen? Etwa indem die Spitäler noch mehr «ambulant vor stationär» anbieten und der Kanton die Liste der ambulant statt stationär durchzuführenden Eingriffe erweitert, sagt Hochreuter. Und mit klaren Zielvorgaben und Budgets für die Spitäler. Hochreuter verweist auf ausländische Spitäler, in denen der Anteil ambulanter Behandlungen teilweise 60 bis 70 Prozent betrage.
Thurgau kämpfte vor Gericht für Reha – und der Aargau?
Es gelte aber auch, über die Kantonsgrenze hinauszublicken, wie es der Gesetzgeber schliesslich verlange. Da erfüllt Hochreuter der geplante Aufbau zusätzlicher Rehabilitationskapazität im Kanton Zürich mit grosser Sorge. Das ginge zulasten der Aargauer Kliniken, etwa der aarReha in Schinznach oder der RehaClinic in Bad Zurzach, die bisher viele Zürcher Patienten zählen. Diese und andere Kliniken haben jüngst sehr viel investiert.
Hochreuter fragt, was geschieht, wenn plötzlich Zürcher Patienten fehlen, und fordert: «Die Aargauer Regierung muss sich unbedingt mehr wehren. Der Kanton Thurgau, wo bisher genau wie im Aargau viele Zürcher Patienten traditionell zur Rehabilitation hinkommen, hat gegen den Kanton Zürich gar eine Klage angestrengt. Dies, weil Zürich Überkapazitäten schafft. Der Thurgau hat vor Bundesverwaltungsgericht recht bekommen!»
Das Bundesverwaltungsgericht verpflichtete Zürich im konkreten Fall im zürcherischen Limmattal, die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten mit den anderen Kantonen zu koordinieren und abzusprechen. Hochreuter: «Unsere Regierung muss jetzt dafür sorgen, dass genau das auch im Aargau sichergestellt wird und Zürich nicht zulasten des Aargaus teure Überkapazitäten schafft.»
Kanton: «Wir schauen sehr genau hin»
Barbara Hürlimann, Leiterin der Abteilung Gesundheit im Departement Gesundheit und Soziales (DGS), bestätigt die Notwendigkeit interkantonaler Absprachen, um Überkapazitäten zu vermeiden. Thomas Heiniger, bis vor kurzem Zürcher Gesundheitsdirektor, wollte tatsächlich, dass die Rehabilitation wohnortsnah stattfindet.
Jetzt müsse sich zeigen, welche Sichtweise die neue Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli vertritt. Hürlimann: «Wir schauen selbstverständlich bei den beiden geplanten Rehakliniken – beim Triemlispital und am Spital Uster – sehr genau hin.»
Das bereits erwähnte Bundesverwaltungsgerichtsurteil zu einer Klage aus dem Thurgau habe ein neues innovatives Neuro-Reha-Angebot im zürcherischen Limmattal betroffen, sagt Hürlimann. Errichtet wurde es sogar von einer aargauischen Anbieterin, der RehaClinic AG aus Bad Zurzach, die auch weitere ausserkantonale Niederlassungen betreibt, etwa im zürcherischen Zollikerberg und in Kilchberg.
Das Konzept der RehaClinic und des Spitals Limmattal ermögliche, dass sämtliche Behandlungsphasen räumlich und betrieblich nahtlos ineinander übergehen und die Rehabilitation frühestmöglich starten könne.
Das Pilotprojekt (der Leistungsauftrag wurde entsprechend auch nur befristet beantragt) sei überzeugend und habe zum Ziel, den Nutzen einer integrierten Rehabilitation zu belegen.
Die Erkenntnisse u. a. hinsichtlich Patientennutzen, Versorgungsqualität, Behandlungsdauer sowie Kosten und Abgeltung könnten für die zukünftige Spitalplanung genutzt werden. Im Gegenzug zum Aufbau am Standort Limmattal plant die RehaClinic, an den Standorten Baden und Bad Zurzach 32 Betten abzubauen.
Das befristete Pilotprojekt hätte auch keine ausserkantonale Konkurrenz für die aar reha in Schinznach geschaffen, sagt Barbara Hürlimann, weil diese keine Neuro-Rehabilitation anbietet.
Das Pilotprojekt der RehaClinic und des Spitals Limmattal habe zum Ziel, wertvolle Informationen über den Nutzen der integrierten Rehabilitation zu liefern, so Hürlimann weiter.
Doch zurück zum SVP-Positionspapier. Darin geht es auch um die Spitalliste. Ob der neuen Liste sei man enttäuscht, so Hochreuter.
Sie ändere kaum etwas. Er fordert: «Jetzt gilt es, die künftige Grundversorgung genau zu definieren, bereits über die übernächste Spitalliste zu reden, aufzuzeigen wie ohne Leistungsabbau mit mehr Konzentration der spezialisierten Medizin gespart werden kann.