Bahnanschluss Mittelland: Cédric Wermuth und Thierry Burkart feiern gemeinsam

Thierry Burkart und Cédric Wermuth. Das ist wie Yin und Yang. Auf der einen Seite der Freisinnige, der den Kanton Aargau als Ständerat mit gradliniger, überzeugender und bürgerlicher Politik vertreten will. Auf der anderen Seite der Sozialdemokrat, der im Ständerat die Menschen aus dem Aargau und nicht die Finanz-, Immobilien-, Öl- und Versicherungslobbys vertreten will. Die beiden Nationalräte sind sich politisch selten einig. Ob sie in der nächsten Legislatur gemeinsam in der kleinen Kammer sitzen, ist offen.

Sie können gemeinsam für den Aargau kämpfen

Glaubt man dem Prognosemarkt De-Facto der Universität Zürich, auf dem Politologen, Politik-Studierende und Interessierte seit Mai Wetten abschliessen können, ist die Wahl von Burkart und Wermuth zur Zeit am wahrscheinlichsten. Allerdings liegt die Wahrscheinlichkeit für das Duo nur bei gut 50 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass Burkart zusammen mit Hansjörg Knecht (SVP) oder Marianne Binder (CVP) ins Stöckli einzieht, liegt bei etwas über 20 Prozent. Inwiefern der Zürcher Prognosemarkt die Wählerinnen und Wähler im Aargau repräsentiert, ist allerdings fraglich.

Wie auch immer die Ständeratswahlen ausgehen werden: Burkart und Wermuth haben bewiesen, dass sie trotz politischer Differenzen in der Sache zusammenarbeiten können. Die beiden Nationalräte gehören zur Kerngruppe des überparteilichen Komitees Bahnanschluss Mittelland. Im Herbst 2018 lancierten sie zusammen eine Petition für eine Neubaustrecke zwischen Aarau und Zürich und kämpften für den Erhalt von Direktverbindungen. Sie weibelten in Bern für den Aargau und konnten innert kürzester Zeit auf zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer zählen – unter ihnen fast alle Aargauer Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier, viele Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sowie Grossrätinnen und Grossräte.

Anstossen auf den Etappensieg

Unterdessen konnte das Komitee einen Zwischenerfolg verbuchen. National- und Ständerat haben entschieden, die Direktverbindung Aarau-Zürich explizit in die Liste der Projekte aufzunehmen, die für den nächsten Ausbauschritt geprüft werden. Damit seien die Voraussetzungen gegeben, dass die Bahninfrastruktur im Aargau so ausgebaut werden könne, dass die künftigen Mobilitätsbedürfnisse abgedeckt seien, sagte Burkart damals.

Diesen ersten Zwischenerfolg nahmen die beiden Nationalräte zum Anlass, zu einem gemeinsamen Apéro zu laden. Im Feuerwehrmagazin in Rupperswil haben sie Brot, Wurst, Bier, Wein und Mineral offeriert. In ihren kurzen Ansprachen kokettierten sie mit ihrer Rivalität. Burkart sagte gleich zu Beginn: «Es muss wirklich wichtig sein, wenn Cédric Wermuth und ich gemeinsam vor Ihnen stehen.» Und als Wermuth zum Schluss ein paar Worte an die Gäste richtete, meinte er: «Es ist wie immer: Thierry Burkart spricht zuerst und ich korrigiere anschliessend, was er gesagt hat.» Abgesehen von diesen Seitenhieben ging es in Rupperswil aber darum, Danke zu sagen. Dem jeweils anderen sowie allen Unterstützerinnen und Unterstützern der Petition.

Das Weibeln in Bern geht spätestens 2026 weiter

Wermuth und Burkart betonten, dass der gemeinsame Kampf – trotz Apéro – noch nicht vorbei sei. Auch Regierungsrat Stephan Attiger, der als Verkehrsdirektor zum Komitee gehört, mahnte: «Wenn es darum geht, das Geld abzuholen, werden wir uns gegen günstigere Projekte durchsetzen müssen.» Trotzdem sei es ein Erfolg, dass die Direktverbindung Aarau-Zürich weiterverfolgt werde, obwohl das Projekt mit 7 Milliarden Franken eines der teuersten ist. Das Komitee sei «ein gutes Beispiel dafür, wie die kantonale und nationale Politik zusammenarbeiten», sagte Attiger.

Bis das Parlament definitiv über das Projekt entscheidet, dauert es. «Spätestens 2026 wird unser Komitee wieder wichtig», sagte Burkart. Und Wermuth ergänzte: «Wir dürfen uns keine Illusionen machen.» Wenn die Verteilungskämpfe härter würden, stehe der Aargau nicht an oberster Stelle. «Die Mehrheit will mit dem Zug möglichst schnell durch den Aargau fahren und nicht anhalten», sagte er. Um zu verhindern, dass der Aargau abgehängt werde, brauche es das Komitee. Und Wermuth und Burkart, die in Bern gemeinsam weibeln – als National- oder Ständeräte.