
Aargauer Kantonspolizei meldet Gewalt unter Asylbewerbern nicht mehr – was steckt dahinter?
«Messerstecherei unter Eritreern», «Festnahmen nach Intervention bei Asylbewerberunterkunft», «Asylbewerber verprügeln jungen Afghanen»: Es ist nur ein Bruchteil der Meldungen, die die Kantonspolizei Aargau zwischen 2016 und 2017 veröffentlichte. Fast wöchentlich sorgten renitente, betrunkene Asylbewerber für Negativschlagzeilen.
Seit knapp neun Monaten hat die Polizei nun aber keine tätlichen Auseinandersetzungen mehr vermeldet. Das letzte Communiqué stammt von Anfang Juni 2018. Ein Blick ins AZ-Archiv zeigt: Es kam zwar zu Zwischenfällen, die die Polizei auf Anfrage bestätigte – eine Medienmitteilung verschickte sie allerdings nicht.
«Es bleibt unablässig ein Thema für uns und ist mittlerweile fast ein trauriger Standard geworden», sagt Bernhard Graser, Mediensprecher der Kantonspolizei Aargau, auf Anfrage. Beinahe täglich komme es zu Auseinandersetzungen oder Schlägereien, in die Asylbewerber involviert sind. Deshalb verschickt die Polizei laut Graser nur noch in Ausnahmefällen Medienmitteilungen. Heisst: Im Fall von Schwerverletzten, Massenschlägereien im öffentlichen Raum, wenn Passanten betroffen sind oder wenn die Polizei mit einem Grossaufgebot ausrücken muss.
Vor allem die Bahnhöfe Aarau, Baden und Brugg seien Hotspots: Brennpunkte, an denen hohes Risiko besteht, dass die öffentliche Ruhe und Sicherheit gestört wird. «Da geraten immer wieder Asylbewerber und auch Randständige aneinander.» Grund für die Eskalationen sieht Graser auch im hohen Alkoholkonsum der Beteiligten.
Vermehrt auf Messer kontrolliert
«Es gibt die Intensivtäter, die bekannt sind», so Graser. Sie würden immer wieder in Erscheinung treten. Werden sie von einer Asylunterkunft weggewiesen, weil sie unangenehm aufgefallen sind, stiften sie in der nächsten Unterkunft Unruhe.
Problematisch ist auch, dass Asylbewerber bei Auseinandersetzungen häufig zum Messer greifen. Aus diesem Grund durchsucht die Polizei Asylbewerber im öffentlichen Raum oder in Unterkünften vermehrt auf Stichwaffen und ähnliche, gefährliche Gegenstände.
Das Projekt wurde im vergangenen März lanciert, Graser wertet es bisher als Erfolg: Die Polizei verzeichnete seither weder Tötungsdelikte noch schwere Körperverletzungen. Neben den Kontrollen bewertet Graser auch die breite Sensibilisierung der Heimbewohner als positiv.
2017 musste die Polizei aufgrund von Asylbewerbern 1100 Mal intervenieren. Genaue Zahlen für das vergangene Jahr kann Graser noch nicht nennen. Er schätzt jedoch, dass sie sich in etwa mit denjenigen vom Vorjahr decken.