Roggliswil 2008 – 2028: Rückzonungen beschäftigen das Dorf

«Wir möchten unbedingt eigenständig bleiben»

Nachgefragt bei Josef Steinmann. 2012 wurde der gebürtige Roggliswiler in den Gemeinderat gewählt und amtiert seither als Präsident.

Was hat Roggliswil in den vergangenen zehn Jahren am prägendsten verändert?

Viele Neubauten veränderten das Erscheinungsbild der Gemeinde. Dies nicht primär an der Hauptstrasse, sondern vor allem innerhalb der Quartiere. Das Sonnmattenquartier war besonders betroffen.

Was sind die Stärken der Gemeinde Roggliswil?

Die zentrale Lage. Von Roggliswil her ist man innerhalb einer Stunde in Zürich, Basel oder Bern. Trotzdem hat die Gemeinde einen sehr ländlichen Charakter. Diese Kombination motiviert immer wieder Leute, nach Roggliswil zu ziehen.

Welche Herausforderungen stellen sich der Gemeinde in den kommenden zehn Jahren?

Wir möchten unbedingt eigenständig bleiben. Es ist mir ein grosses Anliegen, dass wir die Schule, den Dorfladen und die Poststelle im Dorf erhalten können. Der Gemeinderat kann das zu einem Teil beeinflussen, viele Entwicklungen sind aber nicht kontrollierbar.

Was war Ihr persönliches Highlight der letzten zehn Jahre in Roggliswil?

Die Verleihung des Energiestadt-Labels und alle Entwicklungen innerhalb der Gemeinde, die dazu beigetragen haben, haben mich sehr gefreut. Roggliswil ist auf einem guten Weg in eine energiebewusste Zukunft. (blt)

 

Stolz steht das alte Schulhaus Winkel am Strassenrand. Seit nun mehr als 160 Jahren ist das Anwesen Teil von Roggliswil. Tausende Schüler gingen ein und aus; schrieben, rechneten, lernten während unzähligen Lektionen. Diese Zeiten sind vorbei: Heute befinden sich eine Wohnung und mehrere Ateliers im denkmalgeschützten Gebäude.

2014 wollte der Gemeinderat das alte Schulhaus verkaufen. Zu hoch seien die Investitionen, die die Gemeinde in das Gebäude tätigen müsste, argumentierte er. Die Behörden gaben ein Verkaufsinserat auf. Interessenten mussten darlegen, wie sie das Anwesen nach dem Kauf nutzen würden. Der Gemeinderat konnte das Gebäude jedoch nicht in Eigenregie veräussern. Das Stimmvolk hatte im Sommer 2015 das letzte Wort – und behielt es auch. Es entschied gegen den Verkauf des alten Schulhauses. Drei Interessenten hatten im Vorfeld ihre Projekte vorgestellt, Kaufangebote im Wert von 530 000 Franken lagen vor. Diese konnten die Gemeindeversammlung nicht überzeugen.

«Bis heute ist das Schulhaus nicht kostendeckend vermietet», sagt Josef Steinmann, Gemeindepräsident von Roggliswil, drei Jahre nach der Abstimmung. «Trotzdem hat die Gemeindeversammlung so entschieden. Das ist letztlich, was zählt.» Seit der Abstimmung sind kleinere Unterhaltsarbeiten am Gebäude vorgenommen worden, so hat die Gemeinde beispielsweise die Wärmedämmung und die Heizung ersetzt.

Das Abstimmungsresultat sei nicht komplett überraschend gewesen, sagt Steinmann. «Die Ausgangslage war völlig offen. Im Vorfeld konnten keine klaren Mehrheiten ausgemacht werden.»

Umweltbewusste Energiepolitik

Roggliswil ist seit diesem Jahr eine sogenannte Energiestadt. Das Programm EnergieSchweiz des Bundes vergibt das Label an Gemeinden und Städte, die sich kontinuierlich für eine effiziente Nutzung von Energie, den Klimaschutz und erneuerbare Energien einsetzen. Geprüft wird dies mit einem Katalog, der verschiedene Anforderungen enthält, die es als Energiestadt zu erfüllen gilt. Für Steinmann war die Auszeichnung eine grosse Freude. «Es zeigt, dass wir mit unserer Energiepolitik auf dem richtigen Weg sind.» Gezielt auf die Auszeichnung hingearbeitet habe der Gemeinderat nicht. «Als wir festgestellt haben, dass unsere Gemeinde die notwendigen Anforderungen erfüllt, haben wir uns bei EnergieSchweiz angemeldet.»

Massnahmen der Roggliswiler Energiepolitik sind etwa das gezielte Abschalten der öffentlichen Beleuchtung oder der Verzicht auf Ölheizungen bei Neubauten. Weiter ist das Dorf für die Produktion von Sonnenenergie prädestiniert. Ihrer geografischen Lage verdankt die Gemeinde viele nebelfreie Tage. So entstammt rund ein Drittel des Stromes im Ort aus Solaranlagen.

Rückzonungen stehen an

2013 stimmte die Schweizer Stimmbevölkerung der Revision des Raumplanungsgesetzes zu. Die damals in der Bundesverfassung verankerten Bestimmungen wirken der Zersiedelung entgegen und sprechen den ländlichen Gemeinden ein beschränktes Wachstum zu. Dies kam der Gemeinde Roggliswil bei der Ortsplanung in die Quere. Die bereits ausgearbeitete Raumplanungsstrategie des Roggliswiler Gemeinderates war mit diesen Richtlinien nicht verträglich, das Dorf hatte nach Berechnungen der Dienststelle Raum und Wirtschaft des Kantons Luzern zu viel Land eingezont. Dies muss nun rückgängig gemacht werden. Der Gemeinderat führt laufend Gespräche mit betroffenen Grundeigentümern und versucht, einvernehmliche Lösungen zu finden. Sichern die Baulandbesitzer der Gemeinde zu, dass sie innerhalb der nächsten 15 Jahre auf ihren Parzellen Investitionen tätigen, können sie eine Rückzonung vermeiden.

Im Rahmen der Ortsplanungsrevision stellte der Gemeinderat zudem fest, dass im Dorf nicht genug Alterswohnungen bestehen. «Heute bleiben Betagte lange zu Hause, bevor sie direkt ins Altersheim zügeln. Sobald sie nicht mehr selbstständig wohnen können, müssen sie die Gemeinde verlassen», sagt Steinmann. Roggliswil will den Senioren ermöglichen, bis ins hohe Alter im Dorf zu bleiben. Alterswohnungen sind deswegen in Planung, so etwa in der Sonnmatte.