Mehr Aargauerinnen nach Bundesbern? Hoffnungsträgerinnen gibt es genug

Gabriela Suter (46, SP)

, Aarau: Ob der neuen Kantonalpräsidentin schon nächstes Jahr den Sprung nach Bern schafft, hängt mitunter davon ab, wie viel sie in den persönlichen Wahlkampf steckt. Die Aarauerin wird aber vor allem daran gemessen, ob die SP unter ihrer Führung den Ständeratssitz von Pascale Bruderer verteidigen (sehr schwierig) und den verlorenen Nationalratssitz (möglich) zurückgewinnen kann.

Stefanie Heimgartner (31, SVP), Baden: Mit 23 war sie schon im Einwohnerrat, mit 26 Grossrätin und bei den Nationalratswahlen 2015 hat sie es auf den stolzen dritten Ersatzplatz geschafft. Sie arbeitet im Familienbetrieb Heimgartner Transporte und könnte in Bern Giezendanner als Lastwagen-Vertreterin ablösen.

Claudia Hauser (50, FDP), Döttingen: Die Grossrätin war Wahlkampfleiterin der FDP bei den letzten eidgenössichen Wahlen und hat schon zwei Mal für den Nationalrat kandidiert. An Schaffenskraft und am Ehrgeiz fehlt es der RaiffeisenBankerin nicht. Das alleine ist noch keine Erfolgsgarantie – aber vielleicht wird einmal Knochenarbeit belohnt.

Karin Bertschi (28, SVP), Leimbach: Sie zerreisst im Grossen Rat mehr Stricke, als ihr viele zugetraut hatten. Und sie ist ein Marketing-Talent – auch dann, wenn es darum geht, sich selber in Szene zu setzen. Mehr noch: Sie gehört zu den wenigen kantonalen Politikerinnen, die national beachtet werden – jetzt schon.

Maya Bally (57, BDP), Hendschiken: Bei den Regierungsratswahlen 2016 glaubte sie fest daran, ihre Stunde sei gekommen.Doch dann wurde Franziska Roth gewählt. Bei den Nationalratswahlen 2019 wird sie nochmals antreten (müssen).Denn Sie ist das zweitbekannteste Gesicht der BDP. Wer weiss, ob sie irgendwann nachrutschen kann.

Nicole Müller Boder (39, SVP), Buttwil: Die zweifache Mutter aus dem Freiamt verkörpert das strikt traditionelle Familienbild der SVP und ist in Ausländerfragen stramm auf Andreas-GlarnerKurs. Die ehrgeizige Fitnesstrainerin könnte es im zweiten Anlauf in den Nationalrat schaffen, zumal auf der SVPListe einige Löcher entstanden sind.

Simona Brizzi (45, SP), Ennetbaden: Mit einem Investment von nur gerade 500 Franken schaffte sie im Herbst 2016 ein Comeback im Grossen Rat – nach einer Familienpause. Dort profiliert sie sich mit ihrer Fachkompetenz, insbesondere in Bildungsfragen: Es geht ihr dabei vor allem um die Sache und nicht um das Spektakel.

Colette Basler (45, SP), Zeihen: Colette Basler sorgte bei den Grossratswahlen 2016 für den Coup im Fricktal: Die Bäuerin und Lehrerin, bestens vernetzt, luchste CVP-Grossrat Werner Müller den Sitz ab. Seit Mai ist sie CoGeschäftsführerin des Bäuerinnen- und Landfrauenverbandes – und hat damit eine starke Wählerschaft im Rücken.

Barbara Portmann-Müller (43, GLP), Lenzburg: Als Geografin ist ihr der Weg nach Bern bestens bekannt. Als Politikerin gehört sie dem Grossen Rat seit neun Jahren an und gilt dort als solide Schafferin. In den Nationalrat könnte sie es schaffen, wenn sie bei den Grünliberalen erster Ersatz wird und Beat Flach dann vorzeitig zurücktritt.

Maja Riniker (40, FDP), Suhr: Für die Grossrätin sind die Wahlen 2019 wohl die Chance ihres politischen Lebens. 2011 klassierte sie sich noch im hinteren Drittel, 2015 schaffte sie es schon auf den zweiten Ersatzplatz. Und jetzt entspricht sie fast perfekt der Kandidatin, die Corina Eichenberger beerben könnte. Die Betriebsökonomin FH ist dreifache Mutter.

Eigentlich haben die Parteien noch viel Zeit: Sie müssen ihre Listen mit den Kandidaten für die Nationalratswahlen erst in einem Jahr, genau am 5. August 2019, einreichen. Schon jetzt ist klar, dass es in einigen Gruppierungen ein grosses Gerangel geben wird.

Allen voran in der SVP, bei der zudem der Druck unter den Frauen besonders gross ist. Andere Parteien haben Mühe, zugkräftige Kandidaten zu finden. Etwa die BDP, die GLP oder die Grünen. Und alle Gruppierungen hoffen auf spektakuläre Quereinsteiger. Auf frische Gesichter, die dank ihrer Bekanntheit viele Stimmen bringen. So wie das der SVP bei den Einwohnerratswahlen in Aarau mit Urs Winzenried gelungen ist. Ist der ehemalige Kripochef auch ein Fall für «Bern»? Oder gelingt es den Freisinnigen, die prominenteste Aargauer Managerin, die Hypi-Chefin Marianne Wildi, für eine Kandidatur zu gewinnen? Oder wagt Susanne Wille als CVP-Kandidatin den Schritt vom TV in die Politik? Es darf spekuliert werden – Überraschungen nicht ausgeschlossen.

Fünf oder noch mehr Neue?
Die Ausgangslage: Seit den Wahlen 2015 kann der Aargau 16 Nationalräte stellen. Drei Bisherige werden im Herbst 2019 ganz sicher nicht mehr antreten: Ueli Giezendanner (SVP, nach dannzumal 28 Jahren), Sylvia Flückiger-Bäni (SVP, nach 12 Jahren) und Corina Eichenberger (FDP, nach 12 Jahren). Zwei weitere werden von ihrer Partei, der SVP, aus Altersgründen nicht wieder aufgestellt: Maximilian Reimann (nach 32 Jahren als National- und Ständerat) und Luzi Stamm (nach 28 Jahren). Reimann («Ü70 ist im Parlament untervertreten») liebäugelt mit einer Seniorenliste. Er will die Karten bis Anfang 2019 offenlegen. Macht da auch Luzi Stamm mit? Er hält sich alle Optionen offen, war in der Vergangenheit immer wieder für eine Überraschung gut (Parteiwechsel FDP/SVP, wilde Regierungsratskandidatur).

Und alle anderen 12 bisherigen Aargauer Nationalräte? Sie werden wohl wieder antreten – müssen es teilweise auch; denn sonst drohen ihre Parteien die Mandate zu verlieren. Das gilt besonders für Bernhard Guhl (BDP, seit 8 Jahren), aber auch für Beat Flach (GLP; seit acht Jahren). Die beiden 5-Prozent-Parteien halten zurzeit je einen Sitz. Vorerst keine Amtsmüdigkeit ist bei Ruth Humbel Näf (61, CVP) festzustellen, obwohl sie dem Nationalrat seit 2003 (also Ende Legislatur 16,5 Jahre lang) angehört. Sie ist im Frühherbst 2003 für Guido A. Zäch nach Bern nachgerutscht.

Also: Am 20. Oktober 2019 werden sicher drei neue Nationalräte gewählt. Vielleicht sogar fünf oder noch mehr – in der jüngeren Vergangenheit wurde stets mindestens einer abgewählt.

Viel hängt von Reimann ab
Bei den letzten eidgenössichen Wahlen gabs im Aargau einen grösseren Rechtsrutsch: sowohl was die Sitzverteilung als auch das politische Profil der gewählten Kandidaten anbetrifft. Erstmals seit längerer Zeit gingen SVP/FDP/CVP eine Listenverbindung ein. Damit wollten die Bürgerlichen verhindern, dass der zusätzliche 16. Sitz an die Linken fiel – was auch gelang. Allerdings profitierte überraschenderweise nicht die CVP, die 2011 zwei ihrer drei Sitze verloren hatte, sondern die FDP, die ein drittes Mandat dazugewann.

Grosse Wahlsiegerin war die SVP, die ihren Wähleranteil auf 38 Prozent (plus 3,25) steigern konnte. Sie hat seither sieben Mandate. Ob das auch in Zukunft so sein wird? Viel hängt von Maximilian Reimann und seiner allfälligen Seniorenliste (eine Listenverbindung mit der SVP gälte als wahrscheinlich) ab. Der ehemalige TV-Kommentator und «Aargauer Kurier»-Geldkolumnist hat seinen Sitz in der Vergangenheit dank seiner Popularität jeweils praktisch im Alleingang gemacht. Erster Ersatzmann auf der SVP-Liste ist der ambitionierte Obersiggenthaler Grossrat Martin Keller (53), Manager bei Sika. Er hatte sich zuletzt profiliert als Gegner gegen eine fix installierte Radaranlage auf der Badener Gstühl-Kreuzung.

SP will Sitz zurückgewinnen
Die Freisinnigen müssen in erster Linie ihren dritten Sitz verteidigen. Weil sie national eher im Aufwind sind, wird ihnen das zugetraut. Wer schafft in einem Jahr die Wahl? Erster Ersatz ist Grossrat Ulrich Bürgi (61), Chefarzt (Notfallmedizin) am Kantonsspital Aarau. Auf dem zweiten Ersatzplatz liegt Grossrätin Maja Riniker (40), Vizepräsidentin der FDP Frauen Aarau-Lenzburg.

Die SP hofft, ihren Sitzverlust bei den letzten Wahlen wettmachen zu können. Damals wurde Max Chopard-Aklin abgewählt. Er ist zwischenzeitlich in den Grossrat gewählt worden und hat keine Ambitionen mehr, nach Bern zurückzukehren. Auf dem zweiten Ersatzplatz ist Grossrat Jürg Knuchel (59), leitender Arzt Gastroenterologie und Hepatalogie am Kantonsspital Aarau. In aussichtsreicher Position befindet sich die heutige SP-Kantonalpräsidentin und Grossrätin Gabriela Suter (46), die es bei den Nationalratswahlen vor vier Jahren auf Anhieb auf den vierten Ersatzplatz schaffte.

Bei der CVP schaffte es 2015 Marianne Binder (60) auf den ersten Ersatzplatz. Sollte die Partei einen ihrer 2011 verlorenen Sitze zurückgewinnen, befände sie sich in aussichtsreicher Position. Schub wird der CVP-Kantonalpräsidentin auch ihre zu erwartende Ständeratskandidatur geben.

HIER finden Sie die männlichen Anwärter aus dem Aargau