Über 6 Stunden: Kaum jemand steht so lange am Rednerpult wie Beat Flach und Ruth Humbel

Länger als die Dauer von fünf Fussballspielen stand Beat Flach vorne im Nationalratssaal und sprach ins Mikrofon. 460 Minuten lang. Der dritthöchste Wert unter den 200 Mitgliedern der grossen Kammer, wie eine jüngst veröffentlichte Auswertung des Westschweizer Radio Télévision Suisse (RTS) zeigt. Nur der Obwaldner Karl Vogler (CSP) mit 499 Minuten und der Zürcher Balthasar Glättli (Grüne) mit 492 Minuten redeten mehr.

Auf der Liste der Nationalrätinnen und Nationalräte mit der längsten Redezeit in der aktuellen Legislatur ist der Aargau prominent vertreten: Neben Beat Flach (GLP) schaffte es auch Ruth Humbel in die Top 10. Die CVP-Politikerin sprach während 344 Minuten – Rang 9.

«Wenigstens kein Hinterbänkler»
Auf die über sieben Stunden Redezeit angesprochen, reagiert Beat Flach gelassen. Sein erster Gedanke: «Wenigstens bin ich kein Hinterbänkler.» Das Resultat erklärt er sich unter anderem mit seiner Rolle als Kommissionssprecher, die er bei mehreren auch grösseren Geschäften übernommen habe. Dazu kommt: Der Grünliberale gehört der mit sieben Sitzen kleinsten Fraktion an. «Als Vertreter einer Kleinpartei ist es wichtig, dass man wahrgenommen wird im Politzirkus.» Bei gewissen Themen sei es allerdings kaum möglich, das Interesse der Zuhörer im Saal zu wecken, sagt Flach.

Der Jurist gehört der sicherheitspolitischen Kommission sowie der Kommission für Rechtsfragen an. Oftmals keine leichte Kost, die er seinen Ratskollegen zu präsentieren hat: In der letzten Session musste Flach etwa die Änderung des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht erklären. «Unspektakulär, langweilig, fachtechnisch», nennt er solche Themen. Dennoch sei es wichtig, dass im Parlament darüber gesprochen werde.

Der Grund: Alles, was im Ratssaal gesagt wird, landet in den Protokollen, die später in strittigen Fällen den Richtern bei der Auslegung der Gesetze helfen. Ausserdem hält es Beat Flach für zentral, dass die Argumente aus den geheimen Kommissionssitzungen der Öffentlichkeit präsentiert werden. «Die Leute sollen wissen, aus welchen Gründen wir so entschieden haben.»

«Sonst bräuchte es kein Parlament»
Am anderen Ende der Liste der RTS-Analyse landete Barbara Keller-Inhelder. Noch nie stand die St. Galler SVP-Nationalrätin seit 2015 am Rednerpult. Gegenüber dem «Blick» sprach sie von einem bewussten Entscheid, die Voten seien nicht mehr als «theatralische Show». Eine Einschätzung, die Ruth Humbel keineswegs teilt: «Wenn niemand sprechen würde, bräuchte es das Parlament gar nicht.» Warum sich eine gewählte Politikerin nicht an den Debatten beteiligt, kann sie nicht nachvollziehen. Wie oft und wie lange sie selbst zu den Ratskollegen spreche, hänge in erster Linie von den anstehenden Geschäften ab, sagt Humbel.

Ihre über fünf Stunden am Rednerpult erklärt sie sich mit ihren Auftritten als Fraktions- und Kommissionssprecherin bei wichtigen Themen. «Dann hat man sofort viel Redezeit.» Bei den stundenlangen Debatten zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative sowie zur Reform der Altersvorsorge beispielsweise vertrat die CVP-Nationalrätin die Position ihrer Fraktion.