Härtetest für die Asylpolitik – Standorte für Grossunterkunft gesucht

In den letzten Monaten ist es ruhiger geworden in der kantonalen Asylpolitik. Weil die Zahl der neuen Flüchtlinge zurückgeht, sinkt auch der Druck auf den Aargau, neue Unterkünfte zu finden. Zuletzt konnten die unterirdischen Geschützten Operationsstellen bei den Spitälern in Aarau, Baden, Laufenburg und Muri geschlossen werden, wo zuvor über 800 Personen einquartiert waren.

Auch der Umgangston zwischen den Gemeindevertretern und dem zuständigen Sozialdepartement ist friedlicher geworden. Inzwischen gibt es die Paritätische Kommission Asyl- und Flüchtlingswesen (Pakaf) und das Koordinationsorgan Kanton–Gemeinden im Asylund Flüchtlingswesen (Koaf), die sich regelmässig treffen. An der letzten Sitzung der Paritätischen Kommission wurde das Vorgehen bei der Standortsuche für die erste kantonale Grossunterkunft beraten. Ursprünglich waren bis ins Jahr 2026 vier bis fünf solche Zentren mit insgesamt 1150 Plätzen geplant. Weil nun weniger Bundesgeld zur Verfügung steht, hat der Regierungsrat im August beschlossen, vorerst nur eine Grossunterkunft für 150 bis 300 Personen einzurichten, um damit Erfahrungen zu sammeln.

Liste mit sechs Standorten
Für die Suche nach einem geeigneten Standort für das Asylzentrum empfiehlt die Kommission dem Regierungsrat «ein mehrstufiges Verfahren», wie die Staatskanzlei mitteilt. Bis Ende Jahr soll demnach «eine Kurzliste von mehreren Objekten beziehungsweise Standorten erstellt werden, welche aufgrund des Kriterienkatalogs für die Realisierung dieser Pilotunterkunft infrage kommen könnten». Regierungssprecher Peter Buri sagt auf Nachfrage, die Liste werde von den Departementen Gesundheit und Soziales und Finanzen und Ressourcen erstellt. Dem Regierungsrat solle «rund ein halbes Dutzend Standorte beziehungsweise Objekte vorgelegt werden», ergänzt Buri. Im Vordergrund steht laut dem Regierungssprecher «eine feste, permanente Lösung». Der Kanton sucht also bestehende Gebäude, die gekauft oder langfristig gemietet werden können, Provisorien wie das Containerdorf im ehemaligen A3-Werkhof in Frick kommen eher nicht infrage.

In den vergangenen Jahren kam es mehrfach zu Konflikten zwischen dem Kanton und jenen Gemeinden, wo Asylunterkünfte eröffnet werden sollten. Dies primär deshalb, weil die lokalen Behörden und die Bevölkerung vor Ort erst informiert wurden, wenn das Sozialdepartement die Mietverträge für die Asylzentren unterschrieben hatte. Dies soll sich bei der Standortsuche für die erste kantonale Grossunterkunft nicht wiederholen. Die betroffenen Gemeinden sollen «frühzeitig in den Entscheidungsprozess einbezogen werden», heisst es in der Mitteilung. Konkret soll Anfang 2018 mit möglichen Standortgemeinden für die Grossunterkunft eine Informationsveranstaltung durchgeführt werden.

Dennoch ist die Standortsuche für ein grosses und langfristig betriebenes Asylzentrum ein echter Härtest für die Flüchtlingspolitik im Aargau. Ob sich eine Gemeinde finden lässt, die eine solche Grossunterkunft ohne Widerstand akzeptiert, ist derzeit offen.

Änderung bei den Zuweisungen?
Diskutiert wurde an der Sitzung der Paritätischen Kommission auch über die Verteilung der Flüchtlinge auf Kanton und Gemeinden. Gesetzlich ist vorgesehen, dass Personen im Asylverfahren (Status N) in der Regel in kantonalen Zentren leben, vorläufig Aufgenommene (Status F) hingegen in Gemeindeunterkünften wohnen. In der Realität ist dies allerdings anders: Recherchen dieser Zeitung zeigten, dass Ende März mehr als 900 Asylbewerber, die eigentlich in die Zuständigkeit des Kantons fallen, in Gemeindeunterkünften lebten.

Die Erfahrung zeige, dass gewisse Gemeinden interessiert seien, Personen mit Status N aufzunehmen, um die Wirtschaftlichkeit ihrer Unterkunft zu verbessern, teilt der Kanton mit. Das Koordinationsorgan Kanton–Gemeinden im Asyl- und Flüchtlingswesen soll nun Vorschläge für eine Flexibilisierung der Zuweisungspraxis erarbeiten. Unter anderem wird eine Teilrevision der Sozialhilfe- und Präventionsverordnung ins Auge gefasst.

Derweil ist beim Verwaltungsgericht eine Klage der Gemeinde Oberwil-Lieli hängig, das Gericht muss beurteilen, ob die Zuweisungspraxis von Flüchtlingen rechtens ist. Dass nun die entsprechende Verordnung geändert werden soll, hat laut Regierungssprecher Buri keinen direkten Zusammenhang. Die Paritätische Kommission habe im Frühling entschieden, die derzeitige Praxis unabhängig vom Ausgang des laufenden Beschwerdeverfahrens zu prüfen.