
Kein Geld, keine neuen Vorlagen
Verschiedentlich wurde an dieser Stelle schon über die tiefe Zahl der Grossratssitzungen berichtet. Tatsächlich waren noch vor zehn Jahren 40 bis über 50 (Halbtags-)Sitzungen die Norm. Seither sank die Zahl auf unter 30 jährlich (vgl. Grafik). Gründe sind gewiss die Verkleinerung des Kantonsparlaments von 200 auf 140 Mitglieder, sowie dass Kleinstparteien nicht mehr Einsitz nehmen können und eine Parlamentsreform. Der heutige Dienstag war für eine Sitzung reserviert. Mangels Traktanden entfällt diese. Am 26. September findet nur eine Halbtagssitzung statt. Danach trifft man sich im November wieder.
Laut Ratssekretärin Rahel Ommerli ist es üblich, dass zu Beginn einer Legislatur weniger Geschäfte anfallen. Die Neugewählten in Parlament und Regierung (Franziska Roth und Markus Dieth) müssen sich erst einarbeiten. Ommerli beobachtet angesichts der Finanznöte des Kantons «eine Zurückhaltung der Regierung, Vorhaben in den Grossen Rat zu tragen, die Geld kosten». Umgekehrt lägen die angekündigten Vorhaben, «die den Staat entlasten könnten, ebenfalls noch nicht vor». Die Gesetzesänderungen, mit denen die Regierung Sparpotenzial realisieren will, dürften frühestens ab Mitte 2018 vorgelegt werden. Deshalb erwartet Ommerli, dass die Zahl der Grossratssitzungen bis dahin so tief bleiben wird.
Grosser Rat arbeitet günstiger
Für das laufende Jahr wurden 34 Sitzungen budgetiert. Tatsächlich dürften es maximal 29 werden. Deshalb wird das Parlament sein eigenes Budget unterschreiten, so Ommerli. Dies, obwohl die erst im Januar beschlossene und deshalb für 2017 nicht budgetierte Erhöhung der Kommissionen von 13 auf 15 Mitglieder auch Mehrkosten bringt. Der Grosse Rat hat sich übrigens im Zuge der Spardiskussion unlängst selbst die Jahrespauschale pro Grossrat von 5000 auf 4000 Franken gekürzt.
Im Frühling hatten Edith Saner und Herbert Strebel (beide CVP) angesichts der wenigen Ganztages- mehr Halbtagessitzungen gefordert. Im Kanton Zü- rich arbeitet der Kantonsrat mit Halbtagessitzungen, in andern Kantonen (zum Beispiel Solothurn) gibt es mehrere mehrtägige Sessionen im Jahr. Der unregelmässige Sitzungsrhythmus im Aargau erschwere das Einreichen aktueller Vorstösse, bemängelten Saner und Strebel. Ihren Vorstoss haben sie inzwischen zurückgezogen. Die Botschaft wurde aber verstanden. Im Büro des Grossen Rates beobachtet man derzeit die Situation. Tendenziell wolle man beim heutigen System bleiben, mache im Zweifelsfall aber auch mal eine Halbtagessitzung, sagt Ommerli. Am 26. September wird so eine stattfinden.
Giezendanner: System läuft gut
Grossratspräsident Benjamin Giezendanner bezeichnet sich selbst als grossen Fan von Ganztagessitzungen: «Einen Tag pro Woche kann ich im Geschäft fehlen, das lässt sich auch organisieren. Derweil wäre der Aufwand für die, die von weit her anreisen, für blosse Halbtagessitzungen zu gross», argumentiert er, um anzufügen: «Und von Mehrtagessessionen halte ich gar nichts. Was machen wir dann, wenn wir zu wenig Traktanden haben? Sähe man sich dann noch seltener?»
Im November allerdings dürfte es Halbtagessitzungen geben. Giezendanner: «In diesem Fall befürworte ich sie. Denn da geht es um das neue Budget mit vielen umstrittenen Einzelposten. Das ermöglicht den Fraktionen, sich besser auf die hochkomplexe Debatte vorzubereiten.»
Neue Regelung für Vorstösse?
Heute können Grossrätinnen und Grossräte Vorstösse nur an Sitzungstagen einreichen. Man überlege sich jetzt, so Giezendanner mit Blick auf den eingangs erwähnten Vorstoss Saner/Strebel, dieses Regime zu lockern. Ein Fan davon ist er aber nicht. Giezendanner: «Wenn ein Vorstoss nicht mehr aktuell sein sollte, wenn man ihn erst in einigen Wochen einreichen kann, sollte man ihn vielleicht gar nicht einreichen. Dessen Beantwortung kostet ja auch noch Geld.»
Ratspräsident Giezendanner macht keinen Hehl aus seiner Befürchtung, dass nach einer allfälligen Lockerung der Regeln mehr Vorstösse eingereicht werden, bei denen es in erster Linie darum gehe, in den Medien zu kommen. Giezendanner: «Dabei könnten manche darin gestellten Fragen oft mit einem einzigen Telefonanruf in die Verwaltung geklärt werden.»