
Der Berg rief, über 4000 kamen
Eppenberg: Am «Tag des offenen Tunnels» waren Führungen schnell ausgebucht.
Es ist still im Tunnel. Und grau. An Tübbingelementen vorbei über einen Steg aus Metall führt Oberbauleiter Benjamin Karli die erste Besuchergruppe in den Eppenbergtunnel. Etwas mehr als einen Kilometer führt der Marsch hinein in den Schlund. Diesen Weg nehmen auch die Arbeiter jeden Morgen unter die Füsse. Und er wird jeden Tag länger, manchmal bis zu 30 Meter. Jetzt sind es schon 1300 Meter. In der Mitte des Tunnels fliesst ein Bächlein in Richtung Wöschnau. Die Sicht versperrt, die Röhre gekrümmt, nur Karli weiss, wie lange der Spaziergang durch den Berg noch dauert. Da ertönt ein Grollen aus der Ferne. Ein Berg-Ungeheuer, von den Grabungen der Mineure geweckt? Karli schreitet unbeeindruckt weiter. Das einzige Monster im Eppenberg hat heute frei.
Das Monster, die 2400 Tonnen schwere Tunnelbohrmaschine aus weissem Stahl, liegt ganz ruhig da. In diesem Abschnitt der Bauphase drangsaliert sie den Berg nur unter der Woche. Aus Rücksicht auf die Anwohner. Über enge, steile Treppen wagt sich die Gruppe auf den Rücken des Ungetüms. «Ich fühle mich hier oben jeweils wie auf einem Dampfschiff», sagt SBB-Gesamtprojektleiter Thomas Schweizer. Zufrieden blickt der Kapitän unter Tag über die Reling. «Die Arbeiten sind planmässig vorangekommen», sagt er.
Auf den ersten 200 Tunnelmetern konnte sich am Samstag das in allen Farben des Funktionskleidungsregenbogens gewandete Volk frei bewegen. Weiter ging es nur mit einer Führung, für die man sich anmelden musste. Wenige Minuten, nachdem der Tag des offenen Tunnels begann, war die Schlange vor dem Schalterhäuschen länger als die 115 Meter lange Tunnelbohrmaschine. Bereits um halb elf Uhr wurden die letzten Tickets vergeben.
Doch die SBB hatten noch mehr vorbereitet: Wer nicht in den Berg durfte, konnte stattdessen auf einen Berg steigen. Aus dem geraspelten Fels ist auf der nördlichen Seite der Bahngeleise ein 25 Meter hoher Hügel entstanden. Mit Aussicht von Aarau bis nach Niedergösgen sowie einem Gipfelbuch war der Berg für Ausflügler bestens ausgestattet.
Am Fuss des Kiesbergs lockte der Baumaschinenpark. Eigentlich für Kinder gedacht, fanden auch Eltern, hauptsächlich die Väter, Gefallen an den Geschicklichkeitsspielen. Mit dem Bagger galt es, eine Stange in einen Metallring einzufädeln oder mit einem anderen Gefährt möglichst genau auf der vorgezeichneten Spur zu bleiben. Im Infocenter wartete Stargast Globi mit neuem Eppenberg-Malbuch und GlobiSchämpis auf die Kleinen. Trotz fortgeschrittenen Alters hat der blaue Vogelmensch nichts an Beliebtheit eingebüsst. Zwischen Bratwurststand und Shuttlebus kam an der Eppenbergbaustelle Volksfest-Atmosphäre auf. Ein willkommener Einblick in eine sonst verwehrte Welt. «65 Jahre habe ich neben dem Eppenberg verbracht, jetzt bin ich drin», fasste ein Schönenwerder die Stimmung der rund 4000 Besucher zusammen.
Am Montag geht es für Mineure und Tunnelbohrmaschine weiter. 2021 soll der doppelspurige und über drei Kilometer lange Bahn-Tunnel eröffnet werden. «Der Durchstich ist für den nächsten Winter geplant», sagt Thomas Schweizer. Der Kiesberg hat also noch Wachstumspotenzial.