Die Mikro-Kaffeeröster vom Ruedertal

Bevor sie geröstet werden, sind Kaffeebohnen grün und duften noch nicht.
Bevor sie geröstet werden, sind Kaffeebohnen grün und duften noch nicht.

Kaffeeduft erfüllt die Schlossrueder Familienwohnung von Matthias Burkhardt. Reflexartig schliesst man die Augen, reckt die Nase in die Höhe und atmet tief ein. Fast meditativ ist das Erlebnis, wenn Kaffee die Sinne seiner Liebhaber erreicht.

Duftquellen gibt es gleich mehrere. Die Kolbenmaschine prustet gerade einen Espresso aus 100 Prozent Robusta-Bohnen in die Tasse, daneben giesst Matthias Burkhardt heisses Wasser durch einen Filter mit kurz gerösteten Bohnen. «Cinnamon rost» heisst der Röstgrad in der Fachsprache, in der sich Burkhard und sein Businesspartner Roberto Fantelli ausdrücken, wenn sie über ihre Mikro-Kaffeerösterei «Burkhardt Kaffee» reden.

Beide sind sie in Othmarsingen aufgewachsen, dort haben sie schon den Kindergarten zusammen besucht. Heute sind beide 32, Roberto Fantelli wohnt noch neben Lenzburg, Matthias Burkhardt, der bei der Leica in Unterentfelden als Servicetechniker arbeitet, ist inzwischen mit seiner jungen Familie nach Schlossrued gezogen. Den Kaffee rösten die beiden neben ihren Vollzeit-Jobs. Roberto Fantelli ist Polymechaniker. Bei den Berufen würde man eher erwarten, die beiden Freunde würden in der Freizeit zusammen Märklin-Eisenbahnen fahren lassen.

Nach dem Honig und dem Bier kam der Kaffee

Doch weit gefehlt – Matthias Burkhardt kann bereits ein ganzes Résumé an Genussmittel-­Experimenten aufweisen. Er war auch schon Hobby-Imker und Hobby-Bierbrauer. Beides seien aber sehr zeit- und teilweise materialaufwendige Steckenpferde. Als sein erstes Kind geboren wurde, hängte er das Mikro-Bierbrauertum an den Nagel.

Im Mai sind die beiden Freunde offiziell mit ihrer Fir-ma gestartet. Sie wollen damit keinen Business-Durchbruch erzielen, sondern ein spezielles Hobby betreiben. Eines, bei dem man etwas erschafft. Unter Erfolgs- oder Umsatzdruck leiden sie daher nicht. Das Herzstück, der Mikro-Röster, der 550 Gramm Kaffeebohnen fasst, ist kaum grösser als eine Küchenmaschine. Im Vorratsraum, ihrem provisorischen Standort, geht sie zwischen Vorratsdosen beinahe unter, obwohl sie – mit einem Hauch Italianità – stolz silbern glänzt. Für drei Sor-ten Kaffeebohnen haben sich die beiden Hobby-Röster nach sorgfältigem Verlesen entschieden: die Arabica-Sorten «Santos» und «Limu» aus Brasilien und Äthiopien und den indischen Robustakaffee «Parchment». Diese kombinieren sie zu verschieden starken Mischungen und die wiederum verfeinern sie weiter und immer weiter. Bekannte, die zu ihren ersten Kunden wurden, dienen ihnen in der Anfangsphase auch als Kaffeetester.

Denn auf Kaffeekritiker in der Familie kann Matthias Burkhardt nicht zurückgreifen. Seine beiden Kinder sind noch nicht im Kaffeealter und seine Frau Sabrina trinkt das bittere Getränk nicht. Eine Mischung zu kreieren, die auch sie trinke, sei seine grösste Herausforderung, sagt Matthias Burkhardt. Sein persönliches Juwel, der Ro-busta-­Espresso, dürfte mit seiner starken Bitterkeit bei der Ehefrau abblitzen. Eine Kanonenladung im Stärkegrad, getarnt unter einem sanften «Schüümli». «Von der Crema», wie der Kaffeeröster diese fachmännisch nennt, «schwimmt auf einem Espresso eine umso dickere Schicht, je grösser der Robusta-Anteil ist.»

Teuren Gourmet-Kaffee wollen die beiden vorerst nicht produzieren. Die Bohnensorten haben sie so ausgewählt, dass auch die Normalverbraucherin Kaffee bei ihnen bestellen kann. 9 Franken zahlt man für 250 Gramm, 16 Franken für 500 Gramm und 25 Franken für ein Kilo. «Wir wollen guten Kaffee machen, aber nichts Ausgefallenes», sagt Matthias Burkhardt. Eine Verkaufsplattform zu finden, die zwar genug Abnehmer generiert, aber nicht zu viele für ein Freizeit-Röst-Pensum, war gar nicht so einfach. «Über unsere Website verkaufen wir unser Produkt noch nicht, da plötzlich ein Grossauftrag reinschneien könnte», so Burkhardt. Vor allem lassen sie momentan der Mund-zu-Mund-Propaganda ihren Lauf. Daneben haben sie schon das eine oder andere Päckli auf ricardo.ch gestellt. Die einzigen Mikro-Röster, die dort anbieten, sind sie übrigens nicht. Für Matthias Burkhard eine ideale Plattform: «Auf diese Art lassen wir den Kunden nur gerade so viel kaufen, wie wir auch rösten können.»