Aargauer Primarschüler gehen ab Montag wieder ohne Maske in die Schule – acht Klassen sind in Quarantäne

Noch gut fünf Wochen dauert das aktuelle Schuljahr an den meisten Aargauer Schulen. Das erklärte Ziel der Erziehungsdirektorenkonferenz, das Jahr an der Volksschule möglichst normal über die Bühne zu bringen, sei erreicht worden, sagte der Aargauer Bildungsdirektor Alex Hürzeler am Donnerstag vor den Medien.

Flächendeckendes Homeschooling ist nach der ersten Welle vom Frühling 2020 derzeit kein Thema mehr, die ordentlichen Übertritte sind gewährleistet, die Abschlüsse für Mittel- und Berufsschüler ebenso. Zu verdanken sei das allen Beteiligten, den Schulleitungen, Lehrpersonen, Schülerinnen und Schülern und deren Eltern. Er ziehe denn auch kurz vor Ende des Schuljahres ein «sehr gutes Zwischenfazit», so Hürzeler.

Für eine Gesamtbilanz ist es aber noch zu früh. Der Bildungsdirektor warnte:

«Der ganze Schulbereich ist nach wie vor sehr geprägt vom Virus.»

Nach wie vor gelten die gängigen Hygienemassnahmen, auf der Sekundarstufe 2 zudem Maskenpflicht für Lehrpersonen und Schüler, drinnen und draussen. Auch an der Oberstufe wird drinnen die Maske weiterhin getragen.

Derzeit acht Klassen in Quarantäne

Bildungsdirektor Alex Hürzeler. Aufgenommen am 26.05.2021

Bildungsdirektor Alex Hürzeler. Aufgenommen am 26.05.2021

Britta Gut

Das haben die jüngeren Kinder hingegen bald hinter sich: Ab dem kommenden Montag, 31. Mai, gehen Fünft- und Sechstklässler wieder ohne Maske ins Schulzimmer und auf den Pausenplatz. Erwachsene tragen sie drinnen weiterhin. «Die aktuelle Lage lässt diesen Schritt zu», erklärte Hürzeler. Die Entwicklung der Fallzahlen, die Klassenquarantänen und Schulschliessungen sind rückläufig. Anfang Februar waren 40 Aargauer Klassen in Quarantäne, derzeit sind es noch 8. An den Schulen hat zudem das repetitive Testen begonnen, und die grosse Mehrheit der Lehrpersonen über 50 Jahre hat die Möglichkeit genutzt, sich priorisiert impfen zu lassen.

 

Der Aargauer Regierungsrat steht mit dem Entscheid, die Maskenpflicht angesichts dieser Entwicklungen an der Primarschule wieder aufzuheben, nicht alleine da. Zwar kündeten einige umliegende Kantone an, diese noch bis zu den Sommerferien beizubehalten, andere, wie etwa der Kanton Luzern, heben sie aber ebenfalls auf.

Lehrerverband kann Entscheid nachvollziehen

Kathrin Scholl, Präsidentin Aargauischer Lehrerinnen- und Lehrerverband

Kathrin Scholl, Präsidentin Aargauischer Lehrerinnen- und Lehrerverband

zvg

Gefordert hatte die Maskenpflicht an der Primarschule Anfang Jahr der Aargauische Lehrerinnen- und Lehrerverband (ALV). «Sie jetzt wieder aufzuheben, ist nachvollziehbar», sagt Kathrin Scholl, die Präsidentin des Verbands, auf Anfrage. Lehrerinnen und Lehrer sind inzwischen durch die Impfung geschützt oder werden es bald sein. Weil zudem immer weniger Klassen in Quarantäne geschickt werden, sei es auch aus Sicht des ALV in Ordnung, diesen Schritt wieder rückgängig zu machen. «Im ganzen Kanton acht Klassen in Quarantäne zu haben, ist zum Glück nicht mehr viel», so Scholl. Für sie ist klar, dass die Masken sinnvoll waren. «Es hat funktioniert», sagt sie. Bei den Kindern habe es eine gewisse Angewöhnungszeit gebraucht, nur bei sehr wenigen habe es Diskussionen und schliesslich andere Lösungen gegeben.

Man habe lange zugewartet, bis die Kinder in den Fokus der Pandemiebekämpfung gekommen seien, so Scholl, sehr lange habe man sie nicht einmal getestet. Es liege nahe, dass Schülerinnen und Schüler ohne Symptome das Virus daheim und in den Schulen verbreitet haben. «Ein Teil der nicht erklärbaren Ansteckungen geht ziemlich sicher auf die Schulen zurück.» Dies mit der Maskenpflicht zumindest teilweise einzudämmen, sei richtig gewesen. So sieht es Scholl auch mit dem repetitiven Testen. Dieser Aufwand der Schulen lohne sich gesamtgesellschaftlich, wenn so Ansteckungen verhindert werden können. Noch macht mit 100 Schulen allerdings erst etwa die Hälfte mit.

Klassenlager wieder möglich, Schulen verzichten aber

Insgesamt blickt Kathrin Scholl positiv auf die Situation an den Aargauer Schulen. Dass auch die Kontakt- und Reisequarantäne für Genesene und geimpfte Personen grösstenteils fällt, komme der Schule zugute, ist sie überzeugt. Es würden weniger Lehrpersonen ausfallen, weil sie sich in Quarantäne befinden. Am Grundsatz, den Präsenzunterricht möglichst stattfinden zu lassen, hat sich denn auch nichts geändert.

Bereits seit dem 17. Mai ist die Maskenpflicht draussen auf dem Schulareal für die Primarschule und die Sek 1 aufgehoben. Auch Musik- und Instrumentalunterricht sind mit Hygienemassnahmen wieder ohne Maske möglich. Und schliesslich dürfen die Klassen auch wieder auf die Schulreise oder ins Lager.

Schulreisen mit Übernachtungen oder Klassenlager empfiehlt der Regierungsrat aber nicht. Der ALV hätte es lieber beim Verbot belassen: «Es will offenbar niemand die Verantwortung übernehmen», sagt Scholl. Ob sie Klassenlager durchführen, liegt mit dem Beschluss des Regierungsrats bei den Schulen, die übertrugen den Entscheid teilweise an die Lehrpersonen. «Es kann nicht die Aufgabe von Lehrpersonen sein, darüber entscheiden zu müssen», so Scholl. Ein grosser Teil der Schulen und Lehrpersonen verzichte aber sowieso.

Matura und Lehrabschlussprüfungen finden statt, Lehrstellensituation im Rahmen der Vorjahre

Die Abschlussprüfungen an den Mittelschulen – Matura, Berufsmatura und die weiteren Abschlüsse – sind bereits angelaufen und werden planmässig durchgeführt. Laut Kanton sind die Fallzahlen in den vergangenen Wochen an den Mittelschulen niedrig oder stark rückläufig. Auch die Qualifikationsverfahren für die Lehrabschlussprüfungen finden in allen Kantonen und wenn irgend möglich regulär statt. Allfällige Abweichungen vom geltenden Recht gibt es nur ausnahmsweise. Bisher seien aber alle durchgeführten Prüfungen reibungslos verlaufen. Mit der Situation bei den Lehrstellen ist Bildungsdirektor Alex Hürzeler zufrieden, die schlimmen Befürchtungen vor einem Jahr, dass sich die Lage anspannt, haben sich nicht bewahrheitet. Ende April waren im Aargau noch 1230 Lehrstellen unbesetzt, das sind fast 200 mehr als 2020 und 226 mehr als im Jahr 2019. Ende April waren 4163 Lehrverträge für das kommende Lehrjahr unterschrieben (2020: 4251), auch diese Zahl liegt im üblichen Rahmen. Insgesamt sehe er auf dem Lehrstellenmarkt derzeit keine negative Entwicklung, sagte er. (eva)