Aargauer Grüne folgen Irène Kälin und sprechen sich fast geschlossen für das Covid-Gesetz aus

«Grüne bearbeiten ihre Skeptiker» titelte der «Sonntagsblick» und berichtetet, dass Kantonalpräsidenten die Gegner des Covid-Gesetzes in den eigenen Reihen überzeugen sollten. Bei den Aargauer Grünen war dies an der Mitgliederversammlung am Dienstagabend aus zwei Gründen nicht der Fall: Einerseits fehlte Kantonalpräsident Daniel Hölzle – sein Sohn war krank, er wurde von Nationalrätin Irène Kälin vertreten. Andererseits war die grosse Mehrheit der knapp 30 Grünen- Mitglieder, die sich in Lenzburg zur Parolenfassung trafen, für das Covid-19-Gesetz.

Kälin: Scheindebatten und vermischte Diskussionen

Kälin machte gleich zu Beginn ihres Referats klar, dass sie für das Covid-19-Gesetz ist. Bei der Abstimmung am 28. November gehe es zwar um die gesetzliche Grundlage für das Zertifikat, aber eben auch um Wirtschaftshilfen, Sicherheit für Kulturschaffende und Veranstalter, oder die Verlängerung der Kurzarbeitsentschädigungen.

«Derzeit werden viele Diskussionen vermischt, Maskengegner setzen sich gegen das Covid- Gesetz ein, auch wenn die Basis für die Maskenpflicht im Epidemiengesetz liegt», hielt Kälin fest. Es werde eine Scheindebatte über die Einschränkung von Rechten der Bevölkerung und mehr Macht für den Bundesrat geführt, sagte sie. Dabei habe das Parlament mit diesem Gesetz die Führung übernommen und sorge dafür, dass die Kompetenzen des Bundesrats in der Krise geregelt würden.

Nationalrätin Irène Kälin, die Kantonalpräsident Daniel Hölzle vertrat, durfte sich über die fast vollständige Unterstützung ihrer Partei freuen.

Nationalrätin Irène Kälin, die Kantonalpräsident Daniel Hölzle vertrat, durfte sich über die fast vollständige Unterstützung ihrer Partei freuen.

Chris Iseli

Sie räumte ein, dass es beim Covid-Zertifikat umstrittene Punkte gebe und dies nur eine Zwischenlösung darstelle. Aber das sei noch immer bei weitem besser als ein erneuter Lockdown oder eine Überlastung des Gesundheitssystems. Einen grossen Wermutstropfen gibt es für Kälin: die kostenpflichtigen Tests. Die Grünen hätten sich für Gratistests eingesetzt, ein aktuelles Testresultat sei bei aller Unschärfe eine gute Sache. «Wenn sie kostenpflichtig sind, ist der Anreiz zum Testen praktisch Null, aber das ist kein Teil des Covid-Gesetzes.»

Nur eine Gegenstimme: «Leute nicht ausschliessen»

Gleich als erster nach Kälin meldete ein Mitglied seine Bedenken zum Covid-Gesetz an. Er sei der Partei beigetreten, weil sich diese für Solidarität, Chancengleichheit und die offene Gesellschaft einsetze. Diese Werte seien stark gefährdet, wenn er mit Arbeitskollegen zum Mittagessen gehe, könne immer einer nicht mitkommen, sagte er.

«Ich bin erschüttert, dass wir uns für etwas einsetzen, was die Gesellschaft so spaltet.» Er habe nichts gegen ein Zertifikat für Grossveranstaltungen, aber es sei völlig falsch, manche Leute von Hochschulen, Museen und Bibliotheken auszuschliessen. Er blieb der einzige, der für ein Nein warb, mehrere andere wiesen auf die Vorteile des Zertifikats hin.

Ohne dieses würden Fallzahlen und Spitalbelegung steigen – «dann gibt es wieder einen Lockdown und es geht gar niemand mehr ins Restaurant», sagte ein Mitglied. Eine Studentin betonte, das Covid-Zertifikat bringe Sicherheit an der Uni und im Alltag, gerade für Risikogruppen. Diese seien in der Pandemie oft isoliert gewesen, jetzt könnten sie wieder am Leben teilnehmen.

Und eine andere Grünen-Vertreterin hielt fest, mit einem erneuten Lockdown wären Milliarden an Entschädigungen fällig. Dies lasse sich mit dem Zertifikat verhindern, das einen weitgehend normalen Wirtschaftsbetrieb ermögliche. Mit 26 Ja, 1 Nein und 1 Enthaltung sprachen sich die Grünen am Ende klar für das Gesetz aus.