
Die Grundwasserspiegel im Aargau sind hoch – doch die Lage ist fragil
Bis jetzt war 2021 ein gutes Jahr für die Grundwasserspiegel im Aargau. Christoph Mahr, der Grundwasserspezialist beim kantonalen Departement Bau, Verkehr und Umwelt, hatte vor einem Jahr noch ganz anderes befürchtet. Vor allem das trockene 2018 hatte die Spiegel monatelang beeinflusst.
Bleibe die Grundwasserneubildung im Winterhalbjahr aus und gebe es einen trockenen Frühling, so könnte es im Sommer 2021 sehr tiefe Grundwasserspiegel geben, sagte Mahr Anfang November 2020 gegenüber der AZ. Einschränkungen beim Pool-Befüllen oder der Bewässerung wären die Folgen, stellte er in Aussicht.
Es kam anders. Anfang Jahr gab es im Aargau so viel Niederschlag – zuerst in Form von Schnee, dann Dauerregen – dass die Pegel teilweise gar über dem langjährigen Mittel lagen. Und dann füllten sich die Grundwasserspiegel vor allem auch im Sommer. Christoph Mahr sagt:
«Es ist atypisch, dass dies im Sommer geschieht. Aber diesmal hat es extrem viel geregnet.»
Die Grundwasserspiegel haben sich erholt, an verschiedenen Orten lagen sie nach den Starkregenereignissen im Sommer gar auf dem Maximum der vergangenen zehn Jahre.
Grundwasser beschäftigt die Politik
Das schreibt auch der Regierungsrat in seiner Antwort auf einen Vorstoss der EVP-Grossratsfraktion. Sie hatte Fragen dazu gestellt, wie die Grundwasserspiegel nachhaltig vor dem Absinken wegen Übernutzung geschützt werden sollen. Eine Sorge der Partei ist, ob die Trinkwasserversorgung langfristig sichergestellt ist.
Das Absinken der Grundwasserspiegel beschäftigt die Politik schon länger. Der Regierungsrat hat darum bereits 2017 durch eine Arbeitsgruppe prüfen lassen, ob die bestehenden Regelungen und planerischen Grundlagen dazu geeignet sind, auch in zunehmend trockeneren Jahren langfristig die Trinkwasserversorgung sicherzustellen. Die Arbeitsgruppe kam zum Schluss, dass es im Aargau vorläufig insgesamt genügend Wasser hat – trotz des Klimawandels. Abseits der grossen Flüsse, in den Seitentälern, fehle aber zunehmend Grundwasser. Darum ist es dort vermehrt nötig, die Wasserversorgung zu vernetzen.
Pegel entwickeln sich kantonsweit unterschiedlich
Die Grundwasserspiegel seien eben nicht überall gleich anfällig und entwickelten sich auch unterschiedlich, bestätigt Christoph Mahr. In Bettwil beispielsweise, lag der Grundwasserspiegel am 19. Oktober bei 686 Metern. Der Höhepunkt des letzten Jahres lag Mitte Juli bei 687 Metern, der Tiefpunkt wurde am 1. Dezember 2020 erreicht mit 684 Metern. In Merenschwand wurden Mitte Juli 382 Meter gemessen, den Tiefpunkt erreichte dort der Grundwasserspiegel in diesem Jahr trotzdem bereits Mitte September mit 379 Metern, am 19. Oktober lag der Spiegel wieder bei gut 381 Metern.
Eine allgemeingültige Aussage zu den Grundwasserspiegeln sei entsprechend schwierig zu machen, sagt Christoph Mahr. Sie seien, auch wenn sie sich jetzt erholt haben, teilweise fragil. «Es kann sich relativ schnell wieder ändern», so der Experte. Regne es einmal ein halbes Jahr nicht viel, so reichten auch die jetzigen Pegel nicht aus, um zu verhindern, dass die Grundwasserspiegel auf ein tiefes Niveau sinken können. Das zeigte sich auch 2018: Anfang Jahr waren die Grundwasserspiegel ähnlich hoch, wie im Sommer 2021. Bis Ende Jahr sanken sie aber auf ein sehr tiefes Niveau.
Im Sommer leidet das Grundwasser doppelt
Weil der Sommer 2021 derart regenreich war, hätten sich aber diesmal nicht nur die Grundwasserreserven gefüllt, es sei auch weniger Wasser verbraucht worden als sonst, sagt Mahr. Dies, weil etwa weniger bewässert werden musste, oder auch weil der Bedarf an Kühl- und Badewasser in den Privathaushalten tiefer war als in anderen Sommern.
Umgekehrt litten die Grundwasserspiegel in trockenen Sommern doppelt, weil sowohl Vegetation als auch Mensch einen erhöhten Bedarf haben, gleichzeitig aber der Nachschub ausbleibt. «Durchschnittliches Wetter über das ganze Jahr und niederschlagsreiche Wintermonate sind für die Grundwasserspiegel am günstigsten», sagt denn auch Christoph Mahr.
Mehr Vernetzung der einzelnen Versorger
Weil darauf aber kein Verlass ist, wurde der Kanton bereits aktiv. Durch die angespannte Trinkwasserversorgung in den Jahren 2018 und 2019 sei die Notwendigkeit einer gut vernetzten Infrastruktur und regionaler Zusammenarbeit ins Bewusstsein gekommen, schreibt der Regierungsrat in der Antwort auf den EVP-Vorstoss. Die heutige Wasserversorgungsinfrastruktur müsse diesbezüglich verbessert werden.
Das soll durch das Projekt «Planung Trinkwasserversorgungssicherheit» gewährleistet werden. Ziel ist es, in allen Gemeinden des Kantons eine dauerhaft hohe Versorgungssicherheit mit genügend qualitativ gutem Trinkwasser zu erreichen. «Wassersparaufrufe oder gar Wassersparvorschriften infolge Wasserknappheit sollen dadurch künftig vermieden werden», so der Regierungsrat.