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Kanton beschliesst versuchsweise Tempo 30 auf der Aarauer Bahnhofstrasse und bricht damit ein Tabu

Suhr will schon seit Jahren Tempo 30 auf der Tramstrasse. Doch immer hiess es vonseiten des Kantons: Gibt’s nicht. Die Tramstrasse ist eine Kantonsstrasse, und da gilt das Credo: Tempo 50 innerorts (bis auf ganz wenige Ausnahmen).

Nun fällt dieses Credo ausgerechnet auf einer der wichtigsten Strassen der Kantonshauptstadt: Der Kanton gab am Donnerstag bekannt, dass er in einem Versuchsbetrieb Tempo 30 auf der Aarauer Bahnhofstrasse einführen will. Auf dem Abschnitt könne Tempo 50 aufgrund der hohen Verkehrsdichte sowieso kaum gefahren werden, heisst es in der Medienmitteilung.

Die Bahnhofstrasse muss saniert werden. Stadt und Kanton suchen gemeinsam nach Lösungen. «Dabei soll der Verkehrsablauf für alle verbessert, der Stadtraum attraktiver werden und das Miteinander der Verkehrsteilnehmenden gefördert werden», so der Kanton.

Im März 2022 startet ein Versuchsbetrieb in zwei Phasen. Dann werde ein flächig markierter, mittig in der Strasse liegender Mehrzweckstreifen installiert. Einen Mehrzweckstreifen gibt es zwar heute schon, neu soll dieser besser hervorgehoben und noch mit zusätzlichen gestalterischen Elementen versehen werden. In Thun sieht das zum Beispiel so aus:


«Über diesen können die Fussgängerinnen und Fussgänger sicher und flächig queren», schreibt der Kanton. Und: «Dafür fallen die bestehenden Fussgängerstreifen weg.» Das bedeutet unter anderem: Der nicht mit einer Ampel versehene Fussgängerstreifen beim McDonalds/Aargauerplatz entfällt, was vor allem die Autofahrer und Buschauffeusen freuen wird, die dort oft lange warten müssen, weil ständig Fussgänger kommen:


In 30er-Zonen haben die Fussgänger keinen Vortritt gegenüber Velos und Autos, sie dürfen aber grundsätzlich überall queren.

Beispiel eines Mehrzweckstreifens in Wipkingen

Teil der Umgestaltung ist eine Anpassung der Bushaltekanten. Auch die Kasinostrasse wird verändert: Die Lichtsignalanlage wird ausser Betrieb genommen und die Linksabbiegespur für den motorisierten Individualverkehr aufgehoben.

Von der Kasinostrasse her wird der Individualverkehr während des Versuchsbetriebs nicht mehr links Richtung Bahnhof abbiegen können.

Derzeit erarbeiten die Stadt Aarau und das Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons die Details zum Projekt. «Geplant ist, dass die für den Testlauf notwendigen baulichen Anpassungen Anfang 2022 erfolgen und beide Testphasen je etwa sechs Monate dauern», so die Medienmitteilung. Nach Abschluss und Auswertung der Testphasen werde entschieden, wie es mit der Bahnhofstrasse in Aarau weitergeht.

Im Interview mit der AZ hatte der Aarauer Vizestadtpräsident und Verkehrsminister Werner Schib im Februar 2021 gesagt:

«Die Bahnhofstrasse stört mich am meisten. Auch, weil alles unheimlich lange dauert, die Diskussion läuft schon seit mehr als 15 Jahren.»

Es brauche einfach eine Verbesserung, so Schib weiter. «Es hat zu viel Verkehr an diesem für die Stadt wichtigen Ort, darunter leidet auch die Pünktlichkeit der Busse.» Die Stadt wolle «die Aufenthaltsqualität steigern und Freiräume schaffen, zum Beispiel mit einer Baumallee, weniger Verkehr, einfacheren Querungen». Und: Der Stadtrat forderte explizit Tempo 30.

Die Diskussion um die richtige Gestaltung der Bahnhofstrasse ist in der Tat eine alte. Vor rund sieben Jahren wurde sie – auch als Versuchsbetrieb – umgestaltet und neu gegliedert. Die Busspur kam weg (und wurde durch eine «virtuelle» Busspur ersetzt), stattdessen gab es Velospuren und den heute bereits bestehenden Mehrzweckstreifen in der Mitte.