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Warum die Aarauer Stadtkirche nun endlich eigene Krippenfiguren hat

Margrit Schärer (links) von der Kirchenpflege Aarau mit Ruth Furrer, Kursleiterin für Schwarzenberger-Figuren, aus Menziken.

Wenn Pfarrpersonen eine Kirchgemeinde verlassen, dann verschwindet viel. Viel Wissen, viel Liebgewonnenes, viel Mensch. Und manchmal auch ganz Handfestes. Krippenfiguren zum Beispiel.

Ursus Waldmeier, Pfarrer der Stadtkirche Aarau, geht Ende Jahr in Pension. «Er hat immer seine eigene Krippe mit Schwarzenberger-Figuren in der Stadtkirche aufgestellt», sagt Kirchenpflegerin Margrit Schärer. Und diese Krippe wird der Kirchgemeinde künftig nicht mehr zur Verfügung stehen.

Eine Adventszeit ohne diese Krippenfiguren, das wäre für Margrit Schärer nur schwer vorstellbar gewesen. Also hat sie die Sache in die Hand genommen, hat Spenden gesammelt und Gestalterinnen gesucht, um eigene Figuren zu schaffen. Seit August haben elf Frauen aus der Kirchgemeinde wöchentlich an den Figuren gearbeitet, jetzt sind sie fertig: Maria, Josef und das Christkind, die Heiligen Drei Könige, Engel und Hirten; zwölf Figuren sind es geworden, eine schöner als die andere. Und alle von Kopf bis Fuss von Hand gemacht.

Den Figuren fehlen Mund und Augen

«Biblische Figuren Schwarzenberger» sind nicht irgendwelche Figuren. Sie sind eine Marke. Ihnen fehlen Augen und Mund, Gemütszustand und Mimik werden allein durch die Körperhaltung und Gestik dargestellt. Das macht sie extrem wandelbar. Mit bis zu 70 Zentimetern sind sie zudem recht gross; Bleifüsse sorgen für sicheren Stand. Die ersten Schwarzenberger-Figuren schuf Schwester Anita Derungs 1964 im Kloster Ilanz; im Bildungszentrum in Schwarzenberg bot sie die ersten Figurenkurse an. Heute gibt es die Vereinigung Kursleiterinnen Biblische Figuren Schwarzenberg, kurz VKBFS, mit schweizweit über 100 Mitgliedern. Sie sichern das Weiterbestehen und die Qualität der Figurenarbeit.

Eines dieser VKBFS-Mitglieder ist Ruth Furrer aus Menziken. Vor 40 Jahren hat sie ihre erste eigene Figur geschaffen, seither ist es um sie geschehen. Furrer hat auch die Aarauer Frauen unterstützt, hat mit ihnen die Figuren aufgebaut, ihnen die Hände und Köpfe modelliert, ist ihnen mit Rat und Tat zur Seite gestanden, hat mit ihnen die einzelnen Charaktere besprochen. «Jede Figur wird von Grund auf neu geschaffen», sagt Furrer. «Das schafft eine Nähe, eine Verbundenheit, die nachhallt.» Margrit Schäfer nickt, «es war eine wunderbare Arbeit», sagt sie. «Das wöchentliche Treffen war ein Highlight für alle von uns.» Es fehle direkt etwas, jetzt, da die Figuren fertig dastehen.

Bei den Figuren wurde nichts dem Zufall überlassen

Wie viel Zeit und Arbeit in den Figuren steckt, ist augenfällig: Die Kleider sind massgeschneidert, manche gar von Hand bestickt oder mit Perlen verziert, die Farben der Stoffe aufeinander abgestimmt. Nichts ist dem Zufall überlassen worden, noch nicht einmal das Fallen der Haarsträhnen. Selbst die Sandalen aus feinen Lederstreifen sind bei jeder Figur anders.

Bei aller Wehmut über das Ende der Arbeit; die Freude über die neue, eigene Krippe ist riesig. Und die Vorfreude auf die Adventszeit erst recht: Vom 27. November bis zum 6. Januar werden die Figuren in der Stadtkirche aufgestellt, immer in wechselnden Szenen. «Wir zeigen die ganze Weihnachtsgeschichte mit unseren Figuren», sagt Margrit Schärer und zupft dem Engel die Ärmel zurecht. «Es ist schon wunderbar, was wir hier alle gemeinsam geschaffen haben.» Alle, damit meint Schärer natürlich ihre zehn Gestalterinnen, aber auch all die vielen Unterstützerinnen und Unterstützer, ob mit finanziellen Beiträgen, mit Naturalien oder mit Rat und Tat. «Alle gemeinsam, so soll es sein. Das ist Advent.»

Katja Schlegel

Einweihung der neuen Krippe der Stadtkirche Aarau am Samstag, 27. November, 17 Uhr, mit Ursus Waldmeier (Liturgie) und Nadia Bacchetta (Musik).