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Treibt sich ein Wolf an der Aarauer Stadtgrenze herum?

Ursula Känel Kocher glaubte, ihre Augen spielten ihr einen Streich. Am Sonntagabend, kurz vor 20 Uhr, war die Chefredaktorin der Zeitschrift HUNDE der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft gerade auf dem Rückweg von einer zweitägigen Hundesport-Veranstaltung im Kanton Schwyz. Vom Aarauer Schachen herkommend bog sie in die Eppenbergstrasse ein. Das ist jene Strasse, die vom Kreisel in der Wöschnau her hoch auf den Eppenberg führt, entlang der Gehege des Aarauer Wildparks Roggenhausen.

Was dann passiert, schildert sie so: «Es ist 19.45 Uhr und bereits ziemlich dunkel. Auf der Eppenbergstrasse blicke ich rasch nach rechts in die Wiese – von dieser Seite ist mir kürzlich beinahe eine Katze ins Auto gesprungen. Keine Katze, sondern ein Hund steht in der Wiese. ‹Für dieses Wochenende habe ich genügend Schäferhunde gesehen›, denke ich noch, fahre 20 Meter weiter – und halte dann an. Nein, das war kein Schäferhund – das muss ein Wolf gewesen sein! Oder spielt mir meine Müdigkeit jetzt einen Streich? Ich fahre langsam (mit Warnblinker) retour, halte an, lasse die Scheibe runter – der Wolf steht in der Wiese, 20 Meter entfernt. Mit dem Handy mache ich ein paar Fotos, als mir in den Sinn kommt, dass ich im Kofferraum noch die gute Foto-Kamera habe. Als ich aussteige und den Kofferraum öffne, verschwindet das Tier über die Wiese Richtung Wald. Ich schaue das Bild auf meinem Natel an und denke: Spinne ich jetzt?»

Die Wiese ist wenige hundert Meter von der Aarauer Stadtgrenze entfernt. Und direkt neben dem Wildpark Roggenhausen:

Fragt sich nun: War das tatsächlich ein Wolf. Ursula Känel, die sich mit Hunden auskennt, ist sich relativ sicher – sie hat auch gesehen, wie sich das Tier bewegt. «Es hätte natürlich auch ein Tschechoslowakischer Wolfshound oder ein Saarloos Wolfshound sein können. Diese Hunderassen sehen dem Wolf sehr ähnlich, aber die sind beide relativ selten in der Schweiz.» Wie man sie auseinander hält, berichtete die AZ hier.

Was sagt der Kanton dazu?

«Das Tier auf dem Foto könnte durchaus ein Wolf sein», sagt Thomas Stucki, Leiter der Sektion Jagd und Fischerei des Kantons Aargau. Das Foto sei allerdings zu undeutlich, um eine genaue Bestimmung vorzunehmen. Dass ein Wolf so nahe ans Siedlungsgebiet kommt, sei nicht abwegig. «Wölfe wandern gerne entlang von Verkehrswegen, da sie so zügiger voran kommen. Daher sind Beobachtungen in Bereich von Strassen, Bahnlinien und Wegen gut möglich. Da das Mittelland und der nahe Jura sehr stark von Siedlungen und menschlicher Infrastruktur durchzogen sind, sind Sichtungen nahe einer Siedlung ebenfalls möglich, auch wenn Wölfe grundsätzlich scheu sind und den Menschen meiden.»

Ein- bis zweimal im Jahr wird dem Kanton ein Wolfsverdacht gemeldet. In den meisten Fällen kann der Verdacht laut Stucki aber nicht erhärtet werden. Konkret nachgewiesen wurde der Wolf im Aargau nur zweimal: am 14. Mai 2020 in Oberhof, als drei Lämmer gerissen wurden. Und am 27. Februar, ebenfalls in Oberhof (Riss zweier Ziegen). Gleichentags wurde ein Wolf auf der Ramsflueh bei Erlinsbach fotografiert:

Im Februar 2019 wurde in Erlinsbach der erste Wolf im Aargau fotografiert – er tappte in eine Fotofalle.

Erst gerade am vergangenen Wochenende hatte der Wolf-Warndienst des Kantons Solothurn die Tierhalter der Region Passwang darüber informiert, dass ein Wolf unterwegs sei. Er hat sieben Ziegen gerissen.

Wie geht es nun weiter? Müssen nun (Klein-)tierhalter in der Region spezielle Schutzmassnahmen ergreifen? Laut Thomas Stucki vom Kanton Aargau werde nun das weitere Vorgehen mit den Nachbarkantonen Solothurn und Baselland koordiniert. Dazu gehören auch mögliche Ratschläge an Tierhalterinnen und Tierhalter.

In der Region Aarau gab es 2014 schon mal falschen Wolf-Alarm: An einer Hundeausstellung im Schachen büxte ein Wolfshund aus und trieb sich einige Tage in der Gegend herum.

Weitere Bilder vom gesichteten Wolf hat auch «ArgoviaToday» erhalten:

Am Sonntag ist ein Tier in der Nähe des Wildparks Roggenhausen gesichtet worden.
Die Ähnlichkeiten mit einem Wolf sind unverkennbar.
Dass sich Wölfe in Strassennähe aufhalten, sei keine Seltenheit, sagt der Kanton Aargau.
Ob es sich wirklich um einen Wolf handelt, ist derzeit unklar.