Aargau: Kurden-Kämpfer verliert vor Bundesgericht und muss zurück in Irak

Als junger Mann reiste ein Iraker in die Schweiz und beantragte Asyl – ohne Erfolg. Nun, 15 Jahre später, muss er das Land verlassen. Die Heirat mit einer Italienerin verschaffte ihm eine Aufenthaltsbewilligung, die ihm rund zehn Jahre später wieder entzogen wurde. Grund: Er hatte sich während knapp einem Jahr im Norden des Iraks aufgehalten. Dort kämpfte er für die kurdischen Peschmerga-Truppen gegen den Islamischen Staat (IS).
Seit zwei Jahren ist klar: Der Iraker muss die Schweiz verlassen, doch seit 2015 sitzt er im Gefängnis. Damals war er zu drei Jahren und zwei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden – unter anderem wegen versuchter schwerer Körperverletzung, qualifizierter einfacher Körperverletzung und Drohung. Bereits davor hatte er sich mehrmals strafbar gemacht. Sein Gesuch um vorzeitige Haftentlassung wurde abgelehnt, begründet mit «problematischen Persönlichkeitszügen», die sich beispielsweise in einer niedrigen Frustrationstoleranz sowie einer gestörten Impulskontrolle zeigten.

Abgebrochene Ausschaffung
Am 20. Februar 2018, dem Tag seiner Entlassung aus dem Gefängnis, hätte er sogleich in den Irak zurückgeschafft werden sollen. Doch der Versuch scheiterte, weil er sich handgreiflich dagegen wehrte, den begleiteten Rückflug nach Bagdad anzutreten. Seither sitzt er in Ausschaffungshaft. Der Iraker verlangte, er sei aus der Haft zu entlassen, weil diese unverhältnismässig sei. Eine Eingrenzung auf das Kantonsgebiet und eine Meldepflicht bei der Polizei würden seiner Meinung nach reichen.
Mit dieser Forderung gelangte er vor Bundesgericht. Der Mann verwies dort auf seine Kinder, die momentan in einem Heim lebten und mit denen er «einen den Umständen entsprechenden engen Kontakt» pflegen wolle. Sein Argument, er werde sich den Behörden zu Verfügung halten, weil er seine Töchter nicht im Stich lassen wolle, vermochte die Bundesrichter nicht zu überzeugen. Sie weisen im Urteil daraufhin, dass er zu seinen Kindern kaum Kontakt pflege, keine besonders enge Beziehung bestehe und er die Trennung von ihnen wiederholt selbst in Kauf genommen habe. Ausserdem habe er sich 2013 mit seiner Rückkehr in den Irak dem Strafverfahren entzogen.

Zweifel an irakischem Haftbefehl
Seine Ausschaffung versuchte der Iraker auch mit dem Hinweis auf die Sicherheitslage in seiner früheren Heimat zu verhindern. Dort drohe ihm Blutrache sowie die Verfolgung durch Peschmerga-Kämpfer, aus deren Reihen er Ende 2014 wieder zurück in die Schweiz geflohen war. Im Verlauf des Verfahrens brachte er einen Haftbefehl wegen Mordes vor, der gegen ihn im Irak vorliegen soll.
Die Bundesrichter liessen sich von seiner Befürchtung, wonach ihm nach seiner Rückkehr ein unfaires Verfahren und eine drakonische Strafe drohten, allerdings nicht beeindrucken. «Zwar reicht er eine Kopie des Haftbefehls vom 10. Dezember 2014 ein, dessen Echtheit jedoch nicht erstellt ist», halten sie im Urteil fest. Er lege zudem nicht dar, «inwiefern ihm persönlich eine konkrete Gefahr im Norden Iraks drohen würde».

Zur Situation im Irak schreibt das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf seiner Website: «Die Sicherheit ist nicht gewährleistet; das Risiko von Entführungen (teilweise mit Todes-folge) durch terroristische und kriminelle Gruppierungen ist sehr hoch und besteht für einheimische wie für ausländische Personen.» Auf Reisewarnungen wie diese weist der Iraker in seiner Beschwerde ebenfalls hin. Doch das Bundesgericht teilt die Einschätzung des Aargauer Verwaltungsgerichts, wonach in den vier Nordprovinzen nicht von einer Situation allgemeiner Gewalt auszugehen sei.
Kurz: Die Beschwerde des Mannes wird abgewiesen – und seine Ausschaffung soll sobald wie möglich durchgeführt werden. Zwar stimmt der Irak der Rückführung eigener Staatsbürger nur dann zu, wenn die Rückkehr freiwillig erfolgt. Doch dies gilt nicht bei straffällig gewordenen Personen, wie im aktuellen Fall. Ein Sonderflug soll im Spätsommer in Richtung Bagdad abheben.

Urteil: 2C_312/2018