Aargau/Wallis: «Chloroform-Unhold» wird verwahrt

Vor einem Monat legte der im Aargau aufgewachsene Sexualstraftäter U. B. vor dem Straf- und Massnahmenvollzugsgericht in Sion einen merkwürdigen Auftritt hin. Vorgeladen war der bald 69-Jährige, damit entschieden würde, ob er weiter in einer sogenannt «stationären Massnahme» therapiert wird – oder ob die Verwahrung verhängt wird. Während U. B. zu Beginn der Verhandlung noch gefasst wirkte und lediglich etwas wirre Auskünfte gab, eskalierte die Situation im Laufe der Verhandlung zunehmend. Der Senior redete sich in Rage und musste von Sicherheitspersonal abgeführt werden.

Im Aargau ist U. B. als «Chloroform-Unhold» bekannt, weil er 1977 bis 1979 in über 50 Häuser, vor allem im Seetal, einstieg. Er hatte es auf darin schlafende junge Mädchen abgesehen. U. B. legte ihnen mit Trichloräthylen getränkte Wattebäusche vors Gesicht, um sie bewusst- und wehrlos zu machen. In mindestens fünf Fällen kam es zu Vergewaltigungen, die jüngsten Opfer waren keine 10 Jahre alt. Nachdem er 1979 verhaftet wurde, kam U. B. ins Gefängnis.

Nach Verbüssung seiner Haftstrafe zog er ins Wallis, wo er weiter auf dieselbe Weise straffällig wurde. «Getrieben vom Verlangen, Schamhaare zu sehen», wie er später aussagte, stieg er wiederum in Häuser ein, unter anderem in die Ferienkolonie Fiesch und in ein Nobelinternat. Auch hier waren mehrere Dutzend Mädchen betroffen. Unter anderem kam es zu einer besonders brutalen Vergewaltigung, die U. B. allerdings bis heute bestreitet. Es dauerte Jahrzehnte, bis der Sextäter 2007 zufällig in Olten geschnappt wurde, als er eine junge Frau stalkte und von deren Vater festgehalten werden konnte.

Das Kreisgericht im Wallis verurteilte U. B. erstinstanzlich zu 13 Jahren Haft plus Verwahrung. Das Kantonsgericht senkte 2012 die Strafe auf 11 Jahre und 8 Monate und hob die Verwahrung auf, stattdessen verfügte es eine therapeutische Massnahme – weil eine Gutachterin ihm grundsätzliche Therapiefähigkeit attestierte.

«Schlechte Prognose»

Doch nun kommt das Straf- und Massnahmenvollzugsgericht, gestützt auf mehrere Gutachten und Verlaufsberichte, zu einem anderen Schluss. «Eine weitere Fortführung der Massnahme wurde vom Gericht als aussichtslos beurteilt», teilte es am Mittwoch mit. «Auch nach mehrjähriger Psychotherapie haben sich aufgrund der geringen therapeutischen Erreichbarkeit von U. B. keine legal-prognostischen Verbesserungen eingestellt.» Da U. B. «ein nach wie vor hohes Rückfallrisiko sowie eine unverändert schlechte Kriminalprognose attestiert wird», hat das Straf- und Massnahmenvollzugsgericht nun «ultima ratio die Verwahrung angeordnet».

Es ist allerdings wahrscheinlich, dass in dieser Sache das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Das Gericht betont denn auch in seiner Medienmitteilung, dass das Urteil beim Kantonsgericht angefochten werden könne, also noch nicht rechtskräftig sei. In der Vergangenheit sind U. B. und sein Rechtsvertreter mehrmals bis vors Bundesgericht gelangt. Es wäre eine Überraschung, wenn er dieses Mal den Instanzenweg nicht beschreiten würde.