
Aargauer Vereine fürchten Tombola-Verlust – jetzt greift die Regierung ein
Im Geldspielgesetz sollen Tombolas auf maximal 25’000 Franken beschränkt werden. Dieser Passus passt der Aargauer Regierung nicht. In ihrer Vernehmlassungsantwort schreibt sie an die Adresse des Bundesamts für Justiz, das den Entwurf ausgearbeitet hat, diese Obergrenze sei «viel zu tief».
«Fast so viele Preise wie Sterne am Himmel»: Mit diesen Worten bewarb der Handwerker- und Gewerbeverein Schöftland und Umgebung während seiner «Gwärbi 2017» die grosse Tombola. Als erster Hauptreis lockte ein Volkswagen, gesponsert von der Suhre-Garage und Brunner Zimmerei Holzbau. Einen sauberen Gewinn machte, wer den zweiten Hauptpreis mit nach Hause nehmen durfte: eine Waschmaschine von Elektro Lüscher & Zanetti. Und Sommerhalder Zweirad-Sport spannte mit Härdi Orthotech zusammen, um ein Mountainbike als dritten Hauptpreis zu stiften.
Tombolas sind eine beliebte und frohmütige Angelegenheit. Am Ende haben alle etwas davon. Die Spender können sich als sympathische Unternehmen profilieren und dürfen auf Aufträge hoffen; die Gewinner der Preise gehen als glücklich Beschenkte nach Hause; wer nur Nieten zieht, hat die genugtuende Gewissheit, mindestens den organisierenden Verein finanziell unterstützt zu haben.
Bund lieferte keine Begründung
Doch attraktive Verlosungen wie an der «Gwärbi 2017» in Schöftland könnten bald in Gefahr sein. Nämlich, wenn es nach dem Entwurf der Verordnungen zum neuen Geldspielgesetz ginge. Der Bund will darin für Tombolas die Summe aller Einsätze auf 25 000 Franken beschränken.
Dieser Passus passt der Aargauer Regierung nicht. In ihrer Vernehmlassungsantwort schreibt sie an die Adresse des Bundesamts für Justiz, das den Entwurf ausgearbeitet hat, diese Obergrenze sei «viel zu tief». Heute fänden im Aargau regelmässig Tombolas mit Plansummen statt, die diesen Betrag überstiegen. Der Regierungsrat nennt konkrete Beispiele: den NAB-Award (60 000 Franken), die Gwärbmäss Entfelden 2016 (40 000 Franken), die eingangs erwähnte «Gwärbi 2017» in Schöftland (30 000 Franken). Der Regierungsrat begründet sein Unverständnis für die geplante Beschränkung – bislang gibt es keine – nicht nur mit Zahlen, sondern auch mit einem für sie beinah launigen Satz. Sie weist das Bundesamt darauf hin, dass im erläuternden Bericht zum Entwurf «im Übrigen keine Begründung für den vorgeschlagenen Höchstbetrag enthalten ist. Es ist denn auch nicht ersichtlich, weshalb der Höchstbetrag nicht höher ist».
Widerstand weiterer Kantone
Dazu hiess es kürzlich in der «Neuen Zürcher Zeitung»: «Tatsächlich sucht man vergeblich eine Begründung, warum und ab welchem Betrag Tombolas mit hohen Gewinnen gesundheitsschädigend oder sonst wie gefährlich sein sollten.» Laut NZZ lehnen weitere Kantone die tiefen Beschränkungen ab, etwa Zürich, Appenzell Innerrhoden oder Fribourg.
Auch bei Kleinlotterien, wo es bis heute ebenfalls keine Limite gibt und wo ebenfalls eine neue von 400 000 Franken vorgesehen ist, ist der Aargau nicht mit dem Bund einverstanden. Regelmässig fänden Kleinlotterien statt, deren Plansummen darüber lägen, wie etwa am Aargauischen Kantonalschützenfest (420 000 Franken) oder am Welt-Jugendmusikfestival in Zürich, (500 000 Franken).
NAB: «Unnötige Einschränkung»
Für Chris Regez, Verantwortlicher Marketing und PR der alle fünf Jahre stattfindenden Gwärbmäss Entfelden, ist klar: «Die Tombola ist in unserem Programm ein fixer und beliebter Bestandteil.» Hauptpreis sei bei der jüngsten Ausgabe 2016 ein Mitsubishi gewesen. «Ein solcher grosser Preis sorgt sicher für grosse Attraktivität.»
Roland Teuscher, Mediensprecher der Neuen Aargauer Bank, die jährlich im Rahmen ihres NAB-Awards eine grosse Tombola ausrichtet, sagt, man teile die Haltung der Aargauer Regierung. «Eine Obergrenze bedeutet für die vielen ehrenamtlichen Personen und die gemeinnützigen sozialen, sportlichen und kulturellen Vereine, die das Leben im Aargau so vielfältig und bunt machen, eine unnötige Einschränkung», sagt Teuscher.
Im Gegensatz zu Dorfvereinen, für die Tombolas oder Lottoabende oftmals existenziell sind, würde eine Tombola-Grenze von 25 000 Franken den NAB-Award nicht gefährden. Die Verleihung habe mit der Wahl der Aargauerin oder des Aargauers des Jahres einen besonderen Stellenwert im Kanton, sagt Teuscher. Finanziell negativ auswirken könnte sich die Regelung dennoch. In den vergangenen sechs Jahren habe man mit dem NAB-Charity-Verein über 30 Institutionen in allen Region des Kantons mit insgesamt mehr als 500 000 Franken unterstützen können. Die Tombola habe einen Teil dieser Charity-Beiträge generiert, die sich aus Spendern und Gönnern, der Tombola und namhaften Beiträgen der Bank zusammensetzten. Die Projekte profitierten von einer grossen Aufmerksamkeit und von der Checkübergabe.
«Fast so viele Preise wie Sterne am Himmel»: Ob dies auch künftig gilt, wird der Bundesrat nach Auswertung der Vernehmlassung entscheiden. Das Gesetz soll am 1. Januar 2019 in Kraft treten.