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SVP-Knatsch um Covid-Gesetz: Warum hängen im Aargau trotz Ja-Parole so viele Nein-Plakate der Volkspartei?

SVP-Knatsch um Covid-Gesetz: Warum hängen im Aargau trotz Ja-Parole so viele Nein-Plakate der Volkspartei?

Monika Sutter, Wahlleiterin der SVP Bezirk Brugg, kritisiert auf Facebook das Aufstellen von Nein-Plakaten im ganzen Kanton. SVP-Vertreter aus anderen Bezirken wie der eifrige Plakatierer Naveen Hofstetter aus Rothrist verteidigen dies und pochen auf die Unabhängigkeit von Orts- und Bezirksparteien.

Fabian Hägler und Remo Wyss

Monika Sutter, Vorstandsmitglied und Wahlleiterin der SVP Bezirk Brugg, ist für das Covid-Gesetz. Dies brachte sie am Parteitag vom 27. Oktober in Lupfig mit ihrer Jastimme zum Ausdruck und dies zeigt sie auch mit ihrem Profilbild auf Facebook, das mit Ja zum Covid-Gesetz umrahmt ist.


Über die knappe Ja-Parole am Parteitag – sie wurde mit 48 zu 47 Stimmen gefasst – freut sich Sutter. Sauer stösst ihr hingegen auf, dass kantonsweit dennoch viele Nein-Plakate zum Covid-Gesetz mit einem SVP-Logo hängen. Darum schrieb Sutter auf der Facebook-Seite der SVP Aargau:

«Wie ich in letzter Zeit, nach dem Parteitag der Kantonalpartei, festgestellt habe, wurde im Kanton Aargau entgegen der gefassten Ja-Parole zum COVID-19-Gesetz intensiv die Nein-Parole mit SVP-Logo plakatiert! Wieso halten sich die Plakatverantwortlichen nicht an die Regeln?»

Den Beitrag mit einem «Like» versehen haben unter anderem Désirée Stutz, SVP-Fraktionschefin im Grossen Rat, und Samuel Hasler, Präsident der SVP Bezirk Aarau.

Vizepräsident der SVP Bezirk Muri pocht auf Unabhängigkeit

Unterhalb von Sutters kritischen Posts erklärt Alain Bütler, Vizepräsident der SVP Bezirk Muri: «Bezirkssektionen sind in ihrer Parolenfassung unabhängig und frei. Dementsprechend gibt es auch Nein-Parolen in den Bezirken und entsprechende Plakatierung.» Auf der Website der SVP Bezirk Muri, die von Covid-Gesetz-Gegnerin Nicole Müller-Boder präsidiert wird, findet sich denn auch die Nein-Parole. Auch die Junge SVP Aargau habe die Nein-Parole gefasst und dementsprechend plakatiert, ergänzt Bütler.

Alain Bütler, Vizepräsident der SVP Bezirk Muri: «Bezirkssektionen sind in ihrer Parolenfassung unabhängig und frei.»

Monika Sutter gibt sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden und hakt nach: «Die Plakate sind aber von der Mutterpartei.» Tatsächlich steht zum Beispiel am Kreisel Dintikon ein Plakat, auf dem unten links das SVP-Logo zu sehen ist, ein Vermerk auf eine Bezirkspartei fehlt. Es handelt sich um das offizielle Sujet der SVP Schweiz, wie ein Blick auf deren Website zeigt.

Nein-Plakat zum Covid-Gesetz mit dem offiziellen SVP-Logo am Kreisel Dintikon.

Bütler antwortet, die Plakate der Mutterpartei könnten «auch durch die JSVP oder eben wie gesagt Bezirksparteien (z.B. Muri mit Nein-Parole) aufgehängt / -gestellt worden sein». Grossrätin Jacqueline Felder aus Boniswil, die auch im Vorstand der SVP Bezirk Lenzburg sitzt, begründet die Plakatierung auf Facebook so: «Weil in der SVP verschiedene Meinungen gelten dürfen!»

Naveen Hofstetter: Plakate nach Entscheid der SVP Schweiz bestellt

Einer der eifrigsten Plakatierer der Volkspartei ist Naveen Hofstetter, Präsident der SVP Rothrist. So ist es wenig verwunderlich, dass an diversen Orten in Brittnau, Strengelbach und Rothrist seit Wochen schon Nein-Plakate für das Covid-Gesetz hängen. «Die bestellten Plakate wurden vom Generalsekretariat der SVP Schweiz bereits vor dem Kantonalparteitag an die Bezirke zugestellt», erklärt Hofstetter.

Naveen Hofstetter, Präsident der SVP Rothrist und Mitglied der Geschäftsleitung der SVP Aargau: «Der kantonalen Parole messe ich nicht allzu viel Aussagekraft bei.»

Als Plakatverantwortlicher für den Bezirk Zofingen hat Hofstetter sofort die Ortssektionen informiert, dass die Plakate bereitstehen. Zumindest für die SVP Rothrist sei immer klar gewesen, dass die Plakatierung durchgezogen wird. «Nach der Parolenfassung durch die SVP Schweiz habe ich die Mitglieder informiert, dass wir uns vom Vorstand dazu entschlossen haben, den Kantonalparteitag nicht abzuwarten und die Plakate aufhängen werden.» Darauf habe er nur positive Rückmeldungen erhalten, niemand habe sich daran gestört, dass der Entscheid der Kantonalpartei nicht abgewartet wurde.

«Der kantonalen Parole messe ich nicht allzu viel Aussagekraft bei»

«Der kantonalen Parole messe ich ohnehin nicht allzu viel Aussagekraft bei», sagt Hofstetter. Da der Parteitag in einem Restaurant stattfand, habe Zertifikatspflicht bestanden. Viele der nicht geimpften Mitglieder seien der Versammlung deshalb ferngeblieben. Der Schluss, dass davon einige für die Nein-Parole gestimmt hätten, liegt für Hofstetter nahe. «Wenn ich mir zudem die erste Abstimmung zum Covid-Gesetz vom 13. Juni anschaue, das in Rothrist abgelehnt wurde, denke ich, dass wir den richtigen Entschluss gefasst haben», sagt der SVP-Ortspräsident.

Zudem erklärt Hofstetter, der auch in der Geschäftsleitung der SVP Aargau sitzt: Anders als vielleicht angenommen werde, sei die Parole einer übergeordneten Partei nicht bindend. «Schliesslich hat die SVP Aargau auch eine andere Parole gefasst als die SVP Schweiz», so Hofstetter. Die Bezirks- und Ortsparteien selbst seien wiederum frei, eine eigene Parole zu fassen.

Plakat-Aktion in Buchs lässt Zweifel aufkommen

Eine Aktion aus dem Februar dieses Jahres lässt allerdings Zweifel an der Freiheit der Ortsparteien aufkommen: Die SVP Buchs weigerte sich, die Plakate für das «Burkaverbot» aufzuhängen. Kantonalpräsident Andreas Glarner sprach in einem Interview mit der AZ von einem «Weichspülerkurs», den einige Ortsparteien – explizit erwähnte er Buchs – fahren würden. Schliesslich hingen in Buchs dann doch Burka-Plakate, aufgehängt wurden sie von Naveen Hofstetter.

Burkaplakat in Buchs, aufgehängt von Naveen Hofstetter – obwohl die lokale SVP keine Plakate für die Initiative aufhängen wollte.

Wie passen die Aussage, dass Ortsparteien ihre Position frei wählen können, und die Plakataktion in Buchs zusammen? «Ich verstehe, dass die Parallelen gezogen werden», so Hofstetter. «Allerdings war die Situation in Buchs eine gänzlich andere.» Er sei im Februar nicht als Mitglied der SVP oder gar im Spezialauftrag von Andreas Glarner unterwegs gewesen, sondern als Mitglied des Egerkinger Komitees, das hinter der Initiative stand. «Wir haben uns für eine grossflächige Plakatierung entschieden und als uns die SVP Buchs nicht unterstützen wollte – was ihr gutes Recht ist – habe ich als Verantwortlicher für die Plakatierung im Aargau die Plakate eben selbst angebracht», erklärt Hofstetter.